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»Jetzt machst Du noch die Deck´n sauber«

Geschichten aus dem wahren Leben. Die Kolumne von Schreinermeister Laurenz E.
»Jetzt machst Du noch die Deck´n sauber«

»Jetzt machst Du noch die Deck´n sauber«
Bild: Artqu, Adobestock

Bei der Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten kommt es manchmal zu haarsträubenden Missverständnissen. Besonders in diesem Fall, der sich Anfang der 90er-Jahre zwischen mir und meinem damaligen allerersten Azubi zutrug.

Der Auftrag: Montage einer von uns gefertigten Holzdecke in einem damals üblichen Erker-Esszimmer. Dass ich schon damals kein großer Freund von diesen »angeflanschten und gejodelten Hausanhängseln« war, ist ein anderes Thema und tut hier nichts zur Sache. Da das Haus bereits bezugsfertig und der Bauherr als sehr penibel und akkurat bekannt war, war also äußerste Gewissenhaftigkeit und Vorsicht während der Montage angesagt. Daher wies ich meinen Schützling im zweiten Lehrjahr an, den Fußboden unter der zu montierenden Decke aufs Sorgfältigste mit Packdecken auszulegen, damit unsere Gerüstböcke und ein eventuell herunterfallender Hammer oder ähnliches ja keinen Schaden auf dem hochpolierten weißen Carrara-Marmor anrichten.

Gesagt – getan. Ich, aber auch der Bauherr, waren durchaus angetan vom Werk meines Lehrlings und somit konnten wir beruhigt das Gerüst in Stellung bringen, um dann unsere wunderbare Fichtenkassettendecke mit zentralem Rundbaldachin an die Rohdecke zu fabrizieren. Dass uns dies relativ zügig und reibungslos gelang, ist natürlich meiner gewissenhaften und überlegten Vorgehensweise geschuldet. So stehen Bauherr, Azubi und Meister nach vollendeter Arbeit mit in den Nacken gelegten Köpfen unter dem Prachtstück der 90er-Jahre-Architektur und sind allesamt mehr als begeistert. Um jetzt auch noch das allerletzte aus dem nun eh schon guten Verhältnis zum Auftraggeber herauszukitzeln, höre ich mich, an meinen jungen Montagehelfer gerichtet, sagen: »…jetzt machst Du die Deck’n mit einem Lappen noch schön sauber und dann fahr’n wir heim!« Ich hätte dem fragenden Gesicht meines Zöglings doch mehr Bedeutung beimessen sollen, war mir aber ob der Eindeutigkeit meiner Anweisung absolut sicher. Außerdem wurde ich wegen dieses Montageservices mit inkludierter Endreinigung (man bedenke – dies alles trug sich Anfang der 90er zu!) vom nun restlos begeisterten Kunden postwendend in seine Küche zur Einnahme eines kleinen Umtrunkes geschoben. Nicht schlecht staunten wir, als wir hernach ins neu »bedeckte« Esszimmer zurückkehrten: Mein Lehrling, bewaffnet mit einem Putzlappen, kniete auf dem Fußboden und widmete sich ausgiebigst dem Abwischen der zum Marmor-Schutz ausgebreiteten Decken! Ein natürlich vollkommen sinnloses Unterfangen und ein Bild, dass ich mein Leben lang wohl nicht vergessen werde! Zu seiner Ehrenrettung muss ich hinzufügen, dass im Bayrischen der Singular und der Plural für»Decke« gleich lautet, nämlich Deck’n.

Herzlichst, Ihr Laurenz E.

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