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Unterm Moos viel los

Werkstoffe
Unterm Moos viel los

Ein mächtiger Bergahorn mitten im Wald. Was steckt wohl unter der vermoosten Rinde? Homan Mühleck vom Furnierwerk Fritz Kohl stellte sich diese Frage und entdeckte einen Leckerbissen.

Sie kamen von der Holzabnahme, nahmen die Abkürzung quer durch den Wald im ostfranzösischen Ageville bei Chaumont und fanden einen imposanten Bergahornbaum: Der teilweise moosbedeckte Stamm wies bis zum Ansatz des Zwiesels eine nutzbare Länge von fast neun Metern und gut 120 Zentimeter Durchmesser am Stock auf. Homan Mühleck, Rundholzeinkäufer vom Furnierwerk Fritz Kohl, und sein französischer Lieferant fanden unter dem Moos Stellen, an denen sich die Rinde gelöst hatte. Sofort erkannten sie die deutliche und regelmäßige Wellenstruktur der Oberfläche. Sie waren davon überzeugt, dass dieser Stamm eine besonders markante Riegelung aufweist. Die Frage, ob sich der Riegel über den gesamten Stammquerschnitt bis ins Mark erstreckt und ob er sich nach oben hin nicht abschwächt, konnten sie jedoch nicht mit einem ganz sicheren »Ja« beantworten.

Der französische Zulieferer nahm Kontakt zum Forstamt auf und bekundete sein Kaufinteresse. Die Behörde schrieb mögliche Interessenten an und veranstaltete eine Submission, an der sich zwölf Bieter beteiligten. Geschäftsführer Joachim Kohl reiste aus dem Spessart an und begutachtete ebenfalls den Stamm. Über seinen Partner bot er 61 537 Euro und erhielt den Zuschlag. Nach Einschätzung von Joachim Kohl ist in Europa noch nie eine höhere Summe für einen Stamm gezahlt worden.
Das Furnierwerk in Karlstadt teilte den Stamm in drei Längen 4,05, 3,10 und 2,60 Meter. Maximale Spannung erlebten alle Beteiligten dann an der Bandsäge. Die Furnierwerker trennten die Stämme der Länge nach in jeweils zwei Hälften auf, sodass endlich das wahre Gesicht des Baumes zu sehen war. Der Riegel reichte tatsächlich bis ins Mark und schwächte sich auch nicht nach oben hin ab. Bei dem unteren Stamm zeigte sich in der Mitte ein Loch mit ein wenig dunklem Kern, in den oberen Längen fand sich kein Loch mehr und nur noch ein ganz schmaler Kern.
Wie bei einem Riegelahorn üblich, verarbeitete Kohl das Holz zu Friesen weil bei den stehenden Jahresringen die Riegelung am besten zur Geltung kommt. Dazu messerten die Furnierwerker die Stammhälften flach auf und halbierten die Pakete mit der Schere. Dieses Vaux-Quartier-Verfahren erzeugt zwar am Anschnitt einige blumige Blätter, dafür erhält man jedoch breitere Blätter mit weniger Verschnitt als beim echten Quartier mit geviertelten Stämmen. Aus den eingekauften 4,5 Kubikmetern entstanden insgesamt 5500 Quadratmeter Furnier in 5,5 Millimeter Dicke. Die Blätter weisen keinen Rotstich auf, sie schimmern cremig weiß, wie Perlmutt. Die feinen, drei bis fünf Millimeter zueinander entfernten Riegel neigen sich gegenüber der Längsrichtung um fast 90 Grad. Die Furnierblätter sind sehr breit, bis zu 36 Zentimeter. Für die Riegelahornpakete hat sich bereits ein Käufer aus Dubai gefunden. Er möchte es für die Innenseite ein Moscheekuppel verwenden.
Neben dem unteren Stamm kaufte Fritz Kohl auch den sich anschließenden Zwiesel, den das Furnierwerk flach zu Pyramiden aufgemessert hat. GM

Kontakt
Fritz Kohl GmbH & Co. KG 97753 Karlstadt, Tel.: (09353) 795-0, Fax: -100, www.fritz-kohl.de
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