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Studieren im Plattenbau

Gestaltung
Studieren im Plattenbau

»Der Eingang ist die Visitenkarte eines Hauses.« Was der Volksmund schon lange weiß, muss natürlich erst recht für eine Hochschule gelten, an der Innenarchitekten und Designer ausgebildet werden. Einblicke in das neu gestaltete Dekanat des Fachbereichs Design der Burg Giebichenstein.

Peter Daler

Burg Giebichenstein, Hochschule für Kunst und Design in Halle, wurde vor 90 Jahren nahezu zeitgleich mit dem benachbarten Bauhaus gegründet und war von Anfang an dem Werkstättenprinzip verbunden: Die Hand macht, was der Kopf denkt.
Die beiden Assistenten am Lehrstuhl für Entwerfen, Innenarchitektur und Ausbaukonstruktion, Juliane Bardtholdt (Innenarchitektin) und Stefan Adlich (Architekt), hatten die Aufgabe übernommen, für das Dekanat des Fachbereichs Design »neue« Räume zu entwerfen und die Ausführung zu begleiten, die in den eigenen Werkstätten mit Hilfe von studentischen Hilfskräften umgesetzt werden sollte. Anlass für die Maßnahme war einerseits die Neustrukturierung des Fachbereichs nach der Einführung von Bachelor und Master, andererseits die grundständige Renovierung eines der Hauptgebäude des Campus Design, einem Plattenbau aus den 80er Jahren.
Ausbau mit Toleranzen
Die Schwierigkeit bestand vor allem in nahezu unglaublichen Maßtoleranzen, die im Gebäude vorgefunden wurden. Sie verlangten in besonderem Maße die Auseinandersetzung mit dem Ausbaudetail. In Zeiten knapper Kassen nicht ungewöhnlich, sollte das Ganze zudem keine oder nur geringe Kosten erzeugen!
Juliane Bardtholdt entwickelte die Räume des Sekretariats des Dekans und für dessen Referentin. Als Basismaterial dienten Schaltafeln, die als Multiplexplatte – natur bzw. leuchtend rot gebeizt und lackiert – ihre fertige Oberfläche bereits mitbrachten.
Als architektonisches Grundprinzip galt: »Wegbleiben von der Wand«, also Abstandhalten zu bauseitigen Gebäudeteilen. Dem Entwurf für jeden der drei Räume ging eine intensive Befragung der darin arbeitenden Nutzer voraus, um ein so scharfes Bild wie möglich davon zu bekommen, wie Mitarbeiter und Besucher die Räume bisher erlebten bzw. künftig erleben sollen.
Der Raum als Maßanzug
Anhand von Modellen, Materialproben und Zeichnungen wurde jeder Raum den Benutzern angepasst: Neuerdings hat die Referentin ein Stehpult für die Akteneinsicht zur Verfügung, und ihre über Jahre treu gepflegte Zimmerpflanze wurde selbstverständlich neu verortet. Die Sekretärin hat nun in Griffweite ein Regal für die diversen Lexika. Der Raum erhält zusätzlich eine Theke, die Geste des Willkommens ist und gleichzeitig vor neugierigen Blicken auf vertrauliche Schreiben schützen soll. An sorgfältig dafür ausgewählten Stellen erzeugen bündig in die Wandverkleidung einge-arbeitete Flächen aus Kork-Linoleum in anthrazitgrauem Farbton für Aushänge ein neutrales Passepartout, auf dem die Pins keine Spuren hinterlassen.
Stefan Adlich wurde mit der Übertragung des neuen Corporate Designs der Hochschule auf die Informationsebenen des renovierten Gebäudes betraut. Der fachbereichseigene Schneidplotter war dabei das entscheidende Medium für die Umsetzung …
Informationen ordnen
Angefangen mit der Beschriftung des gläsernen Zwischenbaus, die für den sich nähernden Besucher die Örtlichkeiten der verschiedenen Studiengänge schon von weithin sichtbar macht, bis hin zu Detailinformationen im Haus zu den Studieninhalten und den lehrenden Personen einzelner Studiengänge – die Schriftzüge entstanden alle auf dem Plotter. Eine Verdichtung erfahren die Informationen im Korridor des Dekanats. Hier wurde die Wandverkleidung aus Schaltafeln mit sonnengelb gebeizter Oberfläche als eine raffinierte Form von Faltwerk interpretiert, aus der sich alle Funktionen heraus entwickeln: die Trennstreifen zwischen Darstellungen der Studiengänge, die Formular- und Antragsfächer, eine Bank sowie Informationstafeln des Dekanates. Letztere sind entsprechend der hervorgehobenen Bedeutung rot ausgeführt. Eine Übersichtskarte wurde ebenso ausgeplottet und auf die Schaltafeln aufgezogen. Der in die Infotafel eingearbeitete Monitor mit Touchscreen-Funktion rundet das neue Informationskonzept ab.
Die schwierigste Rahmenbedingung beim Entwurf war die Maßgabe, dass im Flurbereich das gesamte Aktenarchiv des Fachbereichs untergebracht sowie genügend Stauraum für Büromaterial der verschiedenen Lehrstühle geschaffen werden musste. Die Lösung lag in der Ausführung der Schrankfronten: Durch mit Spiegellaminat bezogene Platten, die ursprünglich den Stand der Hochschule auf der Kölner Möbelmesse in Szene setzten, werden die Wände der gegenüberliegenden Flurseite in sanfter Unschärfe reflektiert. So bleibt in der Wahrnehmung die ursprüngliche Großzügigkeit des Flurs erhalten.

Entwurf und Ausführung
Entwurf:
Dipl.-Ing. Juliane Bardtholdt, Halle Dipl.-Ing. Stefan Adlich Leipzig/Halle
Ausführung:
Werkstätten des Fachbereichs Design zusammen mit Jens Übner, Andreas Schaar, Janosch Muschik, Axel Bauer und Pamela Pausch
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