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Das Beste oder nichts

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Das Beste oder nichts

Die Küche dient nicht mehr dem Kochen, sie zeigt wer man ist. Diesen Eindruck vermittelte im April der Besuch auf der Eurocucina, der internationalen Küchenmesse in Mailand. Sie findet zweijährig im Rahmen der Salone del Mobile statt. Christian Härtel war für dds vor Ort.

Christian Härtel, Fachjournalist

Auf einen ersten flüchtigen Blick zeigen sich die neuen Modelle auf der größten Küchenausstellung der Welt so, wie in den letzten Jahren auch. Schlichte, kubische Formen dominieren das Feld. Bei genauerer Betrachtung erspürt man Veränderungen in der Bedeutung der Küche. Ginge es nach dem Willen der Premiumhersteller, landet die Küche mitten im Wohnraum. Und damit im Zentrum des Geschehens. Dort, wo man am liebsten ist und isst. Dort, wo man sich gerne aufhält, nach dem Essen, es sich bequem macht und der Abend seinen Lauf nimmt. Für viele Küchenanbieter im gehobenen Bereich war die Verschmelzung der Räume ein wichtiges Thema bei den Präsentationen in den Messehallen.
Glasvitrinen sind wieder gegenwärtiger. Küchenutensilien und Geschirr werden nicht nur hinter geschlossenen Fronten verstaut, sondern hinter Glas mit indirektem Licht inszeniert. Die Designküche von heute hat mehrere, an äußerer Schlichtheit kaum zu überbietende Elemente, die offen lassen, ob es sich um ein Küchen-, Wohn- oder Esszimmermöbel handelt. Alles scheint möglich: Das Sofa neben dem Küchenblock, die Bücher stehen neben den Rotweingläsern im Regal und der Stapel Teller gleicht einer Skulptur hinter transluzenter Front. Ist das praktisch und durchdacht? Man darf es bezweifeln. Für den Beobachter sind die Aspekte aufschlussreich: Die Bedeutung der Küche steigt weiter an.
Lavagesteinsmehl des Ätnas
Unterscheidungsmerkmal bei relativer, äußerer Gleichheit ist der edle und manchmal auch überraschende Materialeinsatz. Entweder aus einem Guss erschaffen und dann auch wieder mit starken Kontrasten versehen werden die Elemente so zum Solitär erhoben. Dazu passen die von Dolce & Gabbana farbenfroh gestalteten Retro-Kühlschränke aus den 50er-Jahren von Smeg genauso, wie der Küchenentwurf von Henrytimi – mit Fronten und Arbeitsflächen, ganz aus echtem Silberblech gefertigt.
Neben einem ausgeprägten Fokus auf das eingesetzte Material sind auch kleine Effekte wichtig. Der Küchenblock als Insel soll sich optisch zurücknehmen. Bedienelemente bedarf es dennoch, diese gilt es zur Nutzung hervorzuzaubern. Neben verschiebbaren Abdeckungen der Arbeitsfläche, mit denen die Hersteller spielen, sind es vor allem Lösungen, mit denen sich Küchenzeilen auf einmal öffnen lassen, um den eigentlichen Sinn und Zweck der Küche wahrnehmen zu können. Das Kochen gleicht einer Bühne. Der Akteur betritt die Bühne, der »Frontvorhang« öffnet sich und das Licht charakterisiert die Szenerie. Was Valcucine vor Jahren begonnen hat, die Oberschränke mit nur einer großen Klappe zu öffnen, diesem Beispiel folgen andere Hersteller. Teils motorisch betrieben und automatisiert, in jedem Fall mit speziellen Beschlaglösungen, damit das Ganze funktioniert. Werden die Flächen größer, werden die Fronten auch schwerer. Deshalb kommen leichte Alurahmenprofile zum Einsatz, auf denen ein dünnes Overlay mit beliebiger Oberfläche die Front bildet.
Die Suche nach dem Material, das sonst keiner hat, scheint wegen dem relativen »Einheitsbrei« in der äußeren Form, eine hohe Bedeutung zu bekommen. Die Modephasen von Mineralwerkstoffen und Glas, dann Edelstahl, Beton über Marmor sind passé. Küchenblöcke zeigen sich mal ganz in Kupfer- oder Messingblech, mal als edler Natursteinmonolith, dann als brandneuer Werkstoff, bei dem gerade die Serienproduktion anläuft. Keramik an sich scheint nicht mehr zu reichen. Es muss schon ein Keramikwerkstoff aus Lavagesteinsmehl des sizilianischen Vulkans Ätna sein, wie bei Neolith. Mutige, könnte man meinen, setzen auch auf Holz. Rahmen mit Füllungen in schlichter Eiche, wie beim spanischen Produzent Dica, stechen geradezu heraus. Natürlich sind es nicht einfach schlichte Rahmenprofile, sondern solche mit abgeschrägten Friesen, wodurch eine spannungsvolle Optik entsteht
Raus an die frische Luft
Edle Küchen finden langsam ihren Weg ins Freie. Waren es vor kurzer Zeit noch meist banale Entwürfe für die Outdoor-Küchen, sind diese inzwischen eben-so gut ausgestattet und hochwertig im Design und Material. Aufgrund der hohen Beanspruchung müssen diese noch aufwendiger in Konstruktion und Umsetzung sein – und somit hochpreisig. Schon ein schlichter Kühlschrank wird besonders isoliert, damit er sich wegen ein paar Sonnenstrahlen nicht im Dauerkühlmodus verliert. Die Ansprüche an das Kochen unter freiem Himmel scheinen aber äußerst unterschiedlich ausgeprägt, weshalb die Anbieter die Küchen in Form von Funktionsmodulen denken. So auch bei der Luxusküche vom österreichischen Hersteller Steininger. Das Stahlgehäuse ist dabei nochmals extra verwitterungsfest beschichtet, damit das Design auch bei hoher Beanspruchung erhalten bleibt. Die Abdeckungen schwenken beim Öffnen parallel weg vom Bediener, wodurch sich eine Ablagefläche ergibt, die mit Barhocker versehen, auch so nutzbar ist. Und irgendwie erinnert das alles wieder an die Küchen für die gute Stube.
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