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Möbel, die ankommen

Gestaltung
Möbel, die ankommen

Dirk Schellberg hat auf der Imm Cologne und den Passagen Tischler und Schreiner getroffen, die dort eigene Produkte vermarkten. Sein Resumee: Es geht weniger darum, auffälliges Design zu schaffen, als punktgenau beim Verbraucher zu landen.

Dipl.-Designer Dirk Schellberg

Hoppla, den kennst du doch! Das dachte ich gleich mehrmals, als ich im Januar 2010 Schreinern auf Möbelmesse und Passagen begegnet bin, darunter auch ehemaligen Schülern aus Garmisch-Partenkirchen, die alle miteigenen Produkten vertreten waren.
Der Möbelhersteller Zeitraum zeigte einen Sekretär von Markus Schmid, der als Abschlussprojekt der Fachakademie für Raum- und Objektdesign Garmisch-Partenkirchen seinen Weg in die Produktion gefunden hat. Das Design war bewusst so gestaltet worden, dass es zum Programm von Zeitraum passt. Trotzdem besitzt das Möbel eigenen Charakter. Kein Schreibtisch stand Pate, sondern der kleine Sekretär aus dem 19. Jahrhundert. Im Netbook-Zeitalter brauchen wir nicht mehr. Die Querschnitte sind für Massivholz untypisch schlank – statisch hat das Ganze aber Hand und Fuß.
Einen Treffer landeten auch Tobias Jung und Denis Dostmann, die unter dem Label Lignum Arts Konzepte für Innenräume, Produktdesign und Schreinerleistungen erbringt. Beide Gestalter sind Absolventen der Meisterschule GAP. Für den Schweizer Edelmöbler Team by Wellis haben sie ein verbreiterbares Tischsystem konzipiert, das als Messeneuheit präsentiert wurde.
In den Passagen präsentierte sich ein Schreinerteam aus Aachen. Unter dem Namen Handwert vermarkten Julia Danckworth und Ike Formen ihre eigene Kollektion. Beide haben eine gestalterische Ausbildung an der Akademie des Handwerks in Aachen absolviert. Julia Danckworth hat meisterliche Wurzeln in Garmisch-Partenkirchen. Die beiden zielen eher auf regionale Vermarktung. Köln zieht viel Publikum aus der Umgebung an. Insbesondere die Passagen werden von designinteressierten Kunden besucht. Sowohl der Direktverkauf von Objekten als auch das persönliche Gespräch mit zukünftigen Geschäftspartnern funktioniert.
Ebenfalls in den Passagen traf ich auf eine Gruppe junger Tischlermeister, die sich an der Meisterschule Freiburg kennengelernt haben und gemeinsam unter der Überschrift »Brettgeschichten« ausstellen. Als besonders innovativ fiel mir ein temporäres Kinderwaschbecken von Sebastian Schilling auf, das auf die Badewanne aufgelegt wird.
Die in der Eifel ansässige Schreinerei Klaus Wangen vermarktet ein genial simples Produkt: gespaltene, formatierte Holzschindeln als Wandverkleidung. Der Spalt- und Finishingprozess verlangt Know-how. Das Material stammt aus eigenen Wäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden. Im Gespräch mit Klaus Wangen wurde schnell deutlich, dass seine Liebe zum Holz nicht beim Einkauf im Lager beginnt. Nicht jeder Schreiner verfügt über die geschlossene Produktkette vom Schössling bis zum Wandpaneel.
»Halten diese dünnen Beine denn was aus?«, war meine erste Frage an den Berliner Matthias Kothe. Gegenstand der Diskussion war ein eigensinnig rustikal wirkendes Tisch- und Bankensemble aus Eiche. Der Produktname Landluft verweist auf das stilistische Konzept – ländliches für die geplagten Großstädter. Als Architekt mit Tischlerausbildung scheint sich Kothe auf seine Wurzeln besonnen zu haben. Unter seinem Label Komat vertreibt er selbstentworfene Möbel und Leuchten.
Im Herzen Tischler geblieben ist auch der Designer Stefan Weiser aus Münster, dessen Produkte liebevoll ironisch mit Sehgewohnheiten und Funktionalitäten spielen. Seine Stuhlserie, in klassischer, handwerklicher Machart hergestellt, wird dabei um Funktionen erweitert – ein Stuhl ist nicht nur ein Stuhl, sondern z.B. auch eine Leiter. Weisers neueste Kreation, der Lampenstuhl, konnte man bei »Tatorte Design« in Ehrenfeld bewundern.
Ob Möbelmesse oder Passagen für Tischler und Schreiner funktionieren, ist hauptsächlich eine Frage von Engagement und Professionalität. Es reicht nicht aus, zu warten wer am Messestand vorbeikommt. Die Arbeit beginnt, wenn ein Möbel die Werkstatt verlässt um den Kunden vorgestellt zu werden. Es geht gar nicht darum, auffälliges Design zu schaffen, sondern punktgenau beim Verbraucher zu landen.
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