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Lohnt sich die Fahrt nach Köln?

Gestaltung
Lohnt sich die Fahrt nach Köln?

Viele Kollegen, ob Meister, Geselle, Auszubildender oder Student der Holztechnik, kennen die Möbelmesse nur vom Hörensagen. »Rentiert sich nicht«, so das vorschnelle Credo. Michael Eckert, Lehrer an der Fachschule für Holztechnik Detmold, hält dagegen: »Die IMM bietet Anregungen ohne Ende!«

Auch wenn der Messestand des dänischen Herstellers Montana recht einladend wirkt – viele winken ab, wenn es um den Besuch oder gar einen eigenen Stand auf der Möbelmesse geht. Natürlich kann man die Frage stellen, was man sich von den überwiegend industriellen Herstellern eigentlich abgucken kann. Lassen sich die Anregungen im Betriebsalltag überhaupt umsetzen? Tatsache ist, dass sich auch unsere Kunden an der Werbung der Möbelhäuser orientieren. Hier ist es wichtig, auf dem Laufenden zu sein, manche Trends in das eigene Repertoire aufzunehmen oder Alternativen bieten zu können, um sich abzusetzen.

Professionell abgucken
Es gibt Tischler und Schreiner mit hoher Gestaltungskompetenz, die eigenen Stil und entsprechende Kunden haben. Ihre Unikate sind aufwändig und teuer; das Marktsegment ist klein, aber lukrativ. Die meisten wählen einen anderen Weg. Ob Industrie oder Handwerk – es wird professionell abgeguckt, und dafür ist die Möbelmesse ein wahres Paradies. Auch um sehen zu lernen, wie man Dinge nicht machen sollte.
Mit Qualität gegen die Möbelindustrie zu punkten, ist schwer geworden. Die industriellen Serienprodukte sind auch im mittleren Preissegment hochwertig, vor allem werden sie auf der Grundlage immer subtilerer Baukästen nahezu »individuell« angeboten. Die Industrie setzt auf Identifikation, zum Beispiel durch das verstärkte Kommunizieren von Marken – Lebensstil inklusive. Bei Montana heißt das dann »making room for personality«.
Es gibt Handwerksbetriebe, die sich gegenüber den Großen gut behaupten. Zum Beispiel die Lehmann GmbH & Co. Massivholzmöbel KG. Dieser 15-Mann-Betrieb aus Dornstetten positioniert sich selbstbewusst mit »Dielenkompetenz in Massivholz« und dem Motto »Natur und Design«. Man hat frühzeitig erkannt, dass der Trend von »Massivholz pur« in Massivholz-Design kombiniert mit Glas und Edelstahl übergeht.
Dem steigenden Komfortanspruch der Kunden bei technischen Details will Lehmann durch die Ausstattung aller Programme mit Soft-Close-Einzügen bei Schubkästen und Aufschlagdämpfern bei Türen nachkommen. Nach Auskunft des Geschäftführers spielt vor allem der hohe Qualitätsanspruch und auch die fristgerechte, kostenbewusste Beschaffung eine große Rolle für den Erfolg. Edelstahlteile werden inzwischen aus China bezogen …
Auf der IMM Cologne sind in den letzten Jahren besonders die asiatischen Möbelhersteller auf dem Vormarsch. Der chinesische Gemeinschaftsstand bot reichlich Gelegenheit zu studieren, ob gut oder schlecht kopiert wurde. Vor allem preiswert sind sie, die Plagiate, die vielen berechtigte Sorgen machen.
Auf hohem Qualitätsniveau, sowohl in der Eigenständigkeit des Designs als auch in der Verarbeitung, zeigen sich japanische Hersteller. Zum ersten mal waren Möbel der alle drei Jahre im äußersten Norden Japans stattfindenden Designmesse IFDA zu sehen. Sie sind gekennzeichnet von Liebe zum Detail und traditioneller Handwerkstechnik.
In Köln auf Kundenfang
»Wer gut sitzt, hat mehr vom Leben. Gönnen Sie sich einen Stuhl für Ihre Größe, bei Ihrer Hose tun Sie es auch.« So spricht Klaus Bartels aus Thurnau auf seinem kleinen Messestand Kunden an. Individuell angepasste Stühle werden von einem Möbelverkäufer mit Herzblut vermarktet. Er arbeitet auf Provisionsbasis. Die Standgebühren für 3 x 4,5 m betrugen netto 2400 Euro. Insgesamt hat sich die Präsenz gelohnt: Die Zahl der Händler wurde auf 80 verdoppelt.
Die Tischlerei Sommer ist am Rande des Westerwaldes zu Hause und stellt seit zehn Jahren in Köln auf der IMM aus. Seit 1989 fertigen vier Mitarbeiter individuelle Möbel und Kleinserien aus ausgesuchten Hölzern. Das Motto: »Gebrauchsspuren sind kein Mangel, sondern Zeugnis erlebter Geschichte. Holz ist Leben … «
Der Anfang 2005 gegründete Betrieb Jens Bond Design aus Potsdam war zum ersten mal auf der Möbelmesse und mit der Resonanz sehr zufrieden. Wie viele Aufträge wirklich »hängen bleiben«, zeigt sich natürlich erst später. Jens Bond Design arbeitet mit einer großen Vertriebsgesellschaft zusammen und ist europaweit im Objektbereich tätig. In der Fertigung arbeiten 20 Mitarbeiter.
Womit wir punkten können
Unsere einzige Chance als Tischler und Schreiner ist meines Erachtens eine professionelle Kundenbetreuung, bei der die Gewohnheiten und persönlichen Vorlieben der Kunde in den Gestaltungs- und Verkaufsprozess stärker einfließen. Nur so kann sich der Handwerker als Spezialist für Exklusivität profilieren und Menschen das Gefühl geben, ein ganz persönlich auf sie zugeschnittenes Produkt zu erwerben, mit dem man sich identifizieren kann.
Möbel und Inneneinrichtungen sind dann für den Kunden vielleicht mit der Geschichte verbunden, während eines guten Gespräches über Gott und die Welt den netten Tischler oder Schreiner kennen gelernt zu haben. Als hilfreich erweist sich, auf der Messe einmal einen professionellen Verkäufer beim Kundengespräch zu belauschen, der mit viel Engagement und Erfahrung Möbel an den Mann (häufiger an die Frau) bringt. Das kann sehr viel lehrreicher sein als so manches teure Seminar.
Freude am guten Design
Köln wird während der Möbelmesse zur Designmetropole. Dazu trägt auch das Passagenprogramm in der Stadt bei, das laut Veranstalter zur »größten deutschen Designveranstaltung« avanciert ist. Manche experimentellen Entwürfe, die hier gezeigt werden, findet man mit ein bis zwei Jahren Verzögerung ausgereift auf der Messe wieder.
Noch ein Tipp für die Übernachtung: Die beiden Jugendherbergen Deutz und Riehl bieten ein komfortables Ambiente in gutem Preis-Leistungs-Verhältnis im Doppel- oder Einzelzimmer. In Riehl sogar mit Rheinblick und meist ruhig, was man von einer erheblich teureren Bleibe in der Stadt nicht immer sagen kann. Am besten reservieren Sie schon jetzt für Januar 2007. Übrigens hat auch die Gastronomie in Köln durchaus mehr als Kölsch zu bieten. Natürlich finden Sie immer Gründe, die gegen die Reise sprechen – lassen Sie sich davon nicht beirren. Als ich in den 80er Jahren mit zwei Mitstreitern eine Tischlerei betrieb, haben wir lange mit uns gerungen, zur Mailänder Möbelmesse zu fahren. Die Zweifel waren schnell vergessen, als wir am Morgen aus dem Nachtzug stiegen und den ersten Capuccino in der milden Frühlingssonne tranken …
Mit etwas Abstand sind Gespräche möglich, die im Alltag untergehen. Mit einem distanzierten Blickwinkel können neue Ideen entstehen … Sehen wir uns 2007 in Köln?! Michael Eckert

Mehr Sinnlichkeit
Der Polstermöbelhersteller Bretz bringt auf den Punkt, was immer mehr Menschen empfinden: »Unsere Welt ist kantig geworden. Der rechte Winkel als das diktierte Sinnbild für Ästhetik ist herzlos.« Der Wunsch, dem coolen Design mehr Leben einzuhauchen, bringt Kuschelecken und romantische Farben hervor.
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