Kulissenbau

Die Werbeagentur Joussen Karliczek hat in einer ehemaligen Lederfabrik neue Räume bezogen. Eine klare und präzise Raumarchitektur tritt – aufgelöst in einzelne Schichten – in Beziehung mit dem historischen Gebäude.

Ippolito Fleitz Group

Durch eine großzügige Glasfront ist der Eingangsbereich bereits vom Treppenhaus aus sichtbar. Ein repräsentativer Tresen mit dem Logo der Agentur markiert den offiziellen Empfang. Davor befindet sich eine Lounge, die auch als Veranstaltungsort genutzt wird, mit offenem Kamin, einer Couch, großen Sesseln und einem Kickertisch. Neben dem professionellen Habitus öffnet die Agentur dem Besucher gleichsam ihr Wohnzimmer und signalisiert ein persönliches Verhältnis in ungezwungener Atmosphäre.

Vom Empfang wird der Blick frei auf den Arbeitsbereich. Er wird abgegrenzt durch die freistehenden Stützen aus dem Bestand, die Akustikdecke aus weißen Schaumstoff-Lamellen und die erhöhte Lage auf einem mit Nadelfilz bezogenem Podest. Der Bereich gliedert sich in drei Zonen mit jeweils sechs Arbeitsplätzen. Die Unterteilung erfolgt über weit auskragende, cremefarben glänzende Raumteiler. Durch ihren schwebenden Charakter wird zwischen den einzelnen Units Intimität geschaffen, ohne den Austausch zwischen den Bereichen zu behindern. Die Zonierung unterstreichen die in zwei schwarzen Balken über den Arbeitsplätzen untergebrachten Leuchten, die mit direkter und indirekter Beleuchtung eine perfekte Lichtsituation schaffen.

Der Raum zwischen Eingang und Arbeitsbereich wird genutzt für ein zurückgezogenes Büro, dem sich das Archiv anschließt. Hier herrscht eine konzentrierte Atmosphäre, ohne dass sich der Raum vom Geschehen abkapselt. Die Wände sind hier – wie überall in der Agentur – durch eine fast kulissenartige Fassade in verschiedenen Schichten aus geschlossener Wand, transparenter Fassade, Spiegelflächen und vorgehängten, perforierten MDF-Panelen aufgelöst. Die transparenten Elemente bestehen aus Kunststoffwaben-Panelen von Bencore und werden von schmalen, weiß gebeizten Fichte-Rahmen gefasst. Im Vorbeilaufen oder aus der Schräge betrachtet erscheinen die Fassaden transluzent, frontal gewähren sie den Blick in den Raum. Die dunkelbraun gebeizten MDF-Panelen sind manchmal selbst Fassade oder dieser als weitere Ebene vorgehängt. Durch ihre Perforation verbessern sie zudem die Raumakustik. Das gesamte System erlaubt es, das Maß des Raumabschlusses je nach Anforderung nahtlos akustisch und visuell zu variieren.

Der Besucher wird von einem Lichtband aus 40 diagonal abgependelten Langfeldleuchten begleitet. Der Weg führt entlang des zentralen Besprechungsraumes, vorbei an den Sanitäranlagen und der offenen Bibliothek in den hinteren Bereich der Agentur. Hier sind dem zentralen Arbeitsbereich die Büros der beiden Geschäftsführer vorgelagert. Mit diesem sind sie durch große, freischwingende Türen verbunden. Durch ihre Transparenz erlauben sie eine aktive Teilnahme am Agenturleben, aber auch den diskreten Rückzug.

Gegenüber befindet sich der Sozialraum. Als integraler Bestandteil des Agenturlebens präsentiert sich dieser nicht abgeschlossen, sondern offen als Wohnküche. Über dem großen ovalen Tisch mit 14 Stühlen ist an der Decke ein Spiegelkreis angebracht. Darunter schwebt eine Lampenwolke, die dem Raum wohnliche Atmosphäre verleiht. Die Küchenzeile kann hinter einem großen Vorhang verborgen werden, sodass sich der Bereich auch in einen großen Besprechungsraum für viele Teilnehmer transformieren lässt. Die Wertigkeit der Elemente schafft einen genügend repräsentativen Rahmen, um hier auch Meetings mit externen Teilnehmern zu veranstalten. Indem man den Kunden diesen intimen Ort nicht vorenthält, setzt man ein Zeichen für das Vertrauensverhältnis in der Beziehung.

Die Räume der Agentur finden ihren Abschluss im Übergang zum benachbarten Gebäudeteil, in den eine kleine Denkerzelle eingebaut ist. Diese maximal vom Agenturgeschehen entfernte Insel komplettiert das Angebot an Besprechungssituationen mit unterschiedlichen Charakteren: Vom Kamingespräch über die Stehbesprechung und den »Round-Table« bis zum diskreten Gespräch in den Büros der Geschäftsführung. Die Schichtung der Räume, Einbauten und Spiegel lassen immer wieder neue Perspektiven und Überlagerungen sichtbar werden. Die Agentur ist mehr Landschaft als starrer Raum. Sie ist ein differenziertes Angebot, nicht einfach nur ein Platz für Schreibtische.