Das jüdische Museum in Frankfurt wurde um einen Neubau für Veranstaltungen, Wechselausstellungen und Bibliothek erweitert, der auch den Haupteingang zum Museum bildet. Der neue Baukörper liegt im ehemaligen Garten des denkmalgeschützten Rothschild-Palais, das das Museum bisher beheimatete. Um ihn zur sichtbaren Adresse des Museums zu machen und die Typologie des Mainufer-Palais zu bewahren, wurde ein frei stehendes Volumen konzipiert, das mit dem Bestand einen Eingangshof bildet, der sich zu den Wallanlagen öffnet.
Die Altbauten werden über eine Staffelung der Hofflächen angebunden, die gleichzeitig die Sicherheitsvorgaben berücksichtigt: Der öffentliche Vorplatz wird durch einen abgesenkten Zwischenbereich von der höher liegenden Caféterrasse getrennt, unter der das Foyer vom Neubau in den Altbau führt. Der Raumeindruck im Inneren des Neubaus ist durch ein Atrium bestimmt, zu dem die öffentlich zugängliche Bibliothek und das koschere Café große Sichtfenster ausbilden. Sein Lichteinfall inszeniert die Verbindungstreppe zwischen den Foyers, die die Besucher vom Veranstaltungsbereich in die Ausstellungsbereiche im Untergeschoss und im Altbau leitet.
Bibliothek, Café, Literaturhaus und Werkstätten sind auf Halbgeschossen um das Atrium organisiert und öffnen sich mit gezielten Ausblicken zur Umgebung. Der Bestand wurde denkmalgerecht saniert, von Einbauten befreit und zu einem schwellenlosen, klar strukturierten Ausstellungsrundgang verbunden.
Alt und Neu beispielhaft verbunden
Im weitläufigen Untergeschoss des Neubaus stehen dem Jüdischen Museum Frankfurt über 600 m² für Wechselausstellungen zur Verfügung. Unmittelbar darüber befindet sich das Museumscafé Flowdeli, das einzige koscher-milchige Café in Frankfurt. Von besonderer Gestalt sind die Räumlichkeiten der neuen öffentlichen Bibliothek, die vollends in Eschenholz verkleidet und von einem großen Fenster geprägt ist. Sie lädt insbesondere Kinder, Jugendliche und Familien mit eigenen Lesungen und Workshops zum Verweilen ein. Für Forscherinnen und Forscher stehen geschützte Räumlichkeiten zur Verfügung, in denen Archivalien oder wertvolle Bücher eingesehen werden können.
Ritualobjekte fürs jüdische Leben
Im Foyer des Lichtbaus befindet sich die Literaturhandlung. Die in ihrer Konzeption einzigartige Fachbuchhandlung für Literatur zum Judentum bildet mit über vierzig Sachgebieten das gesamte Spektrum des Judentums ab. Für die jüdische Lebenspraxis finden sich im Sortiment alle Gebetbücher für die Feiertage sowie Erklärungen rund ums Judentum. Eine sorgfältig ausgesuchte Auswahl an Schmuck und alle für das jüdische Leben üblichen Ritualgegenstände ergänzen das Angebot: Chanukka- und Schabbattleuchter, Kidduschbecher, Kippot und vieles mehr.
Der Holzwerkstoffspezialist Europlac aus Tettnang konnte bei dem Objekt seine gesamte Kompetenz im Bereich Edelfurniere und funktionelle Trägerplatten einbringen. Als Zulieferer für die Innenausbauer produzierten, formatierten und lieferten die Furnierveredler 1700 m² Holzwerkstoffe. Darunter schwer entflammbare B1- und P2-Platten, im Verbund geprüfte Fireplac-A2-Brandschutzplatten, Birkoplex-Trägerplatten bis 35 mm Dicke oder auch mikroperforierte »Inois-Micro«-Akustikplatten. Das Ganze in Eschenfurnier »First Quality Brettcharakter« und in FSC- oder PEFC-zertifizierter Ausführung. –HN
Videotipp
In diesem Film erläutert der Architekt Volker Staab im Gespräch mit Direktorin Mirjam Wenzel seine Ideen zu dem Entwurf des neuen Lichtbaus und sein Konzept einer »geschützten Offenheit«, das die Museumsarchitektur prägt.
Film: Hagen Betzwieser
Youtube-Film des Jüdischen Museums Frankfurt
Steckbrief
- Jüdisches Museum Frankfurt
Bertha-Pappenheim-Platz 1, Frankfurt am Main
www.juedischesmuseum.de
- Architektur: Staab Architekten Berlin, www.staab-architekten.com
- Holzwerkstoffe: Europlac, Röhr GmbH, Tettnang, www.europlac.de
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