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Der Profi

Innenausbau
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Erlebniskauf, Emotionen, Markenwelten – viele Betriebe bauen Einrichtungen für den Einzelhandel. Wohin geht der Weg in Zeiten der Filialisierung unserer Innenstädte? dds befragte Rainer Strittmatter, Vertriebsleiter von Helia-Ladenbau, was erfolgreicher Ladenbau heute erfordert.

Herr Strittmatter, wie wird man Vertriebsleiter eines auch international aufgestellten Ladenbauers?

Nach meiner Weiterbildung zum Schreinermeister, Gestalter und technischen Holzfachwirt in Freiburg arbeitete ich zuerst als Konstrukteur im Ladenbau. Schnell hat sich da mein Faible für Gestaltung und Raumplanung entwickelt. Irgendwann hatte ich dann ein eigenes Planungsbüro. Nach verschiedensten Auslandsprojekten, vor allem im französischen Markt, bin ich einem Unternehmer begegnet, der sehr ähnliche Visionen, Ideen und Wertevorstellungen hat. Insbesondere in Vorstellungen von Vertrieb und Unternehmensentwicklung. Mit der Entscheidung gemeinsam an Visionen zu arbeiten fiel dann auch die Entscheidung zur Übernahme der Position des Vertriebsleiters.
Was kann man sich unter »ähnliche Visionen von Unternehmensentwicklung« vorstellen?
Schauen Sie in die Fußgängerzonen unserer Städte. Bis auf wenige Ausnahmen dominieren die Filialisten, Konzerne und Markenstores. Zugleich wächst der Online-Handel und setzt den stationären Handel unter Druck. Dieser Strukturwandel wirkt sich auf uns Ladenbauer aus. Da bedarf es einer gemeinsamen Vision, wie wir in der Zukunft aufgestellt sein wollen. Der Markt ist hart umkämpft. Vor zehn Jahren haben wir noch hauptsächlich den klassischen Facheinzelhandel bedient. Dem Wandel müssen wir uns stellen, daraus Strategien und Alleinstellungsmerkmale entwicklen.
Wie sehen solche Alleinstellungsmerkmale aus?
Im Kerngeschäft bauen wir Möbel, da unterscheiden wir uns nicht vom Schreiner. Qualität wird vorausgesetzt, bliebe also nur noch der Preis als Unterscheidungsmerkmal. Wir wollen für unsere Kunden Mehrwerte bieten. Diese müssen auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse angepasst werden. Das kann zum Beispiel das Kommissionieren von Kundeneigentum sein – wir liefern die Waschmaschine, den Wäschetrockner und die Handtücher für die Friseurfiliale mit aus und übergeben das Objekt zur Ladeneröffnung. Oder wir führen komplette Entwicklungen und Durchführungen von internationalen Rollouts verantwortlich durch, ob in europäische Nachbarländer oder nach Übersee. Komplettprojektierung, neuartige Produktentwicklungen, hohe Ansprüche an Kommunikation: jeder Kunde hat individuelle Bedürfnisse. Diese müssen wir herausarbeiten und daraus die richtigen Dienstleistungen entwickeln.
Spielen da das Gespür für Trends und Planungskompetenz überhaupt noch eine große Rolle ?
Selbstverständlich! Um zu wissen was unseren Kunden wichtig ist, müssen wir wissen was sie bewegt. Das Wissen um Trends in Material und Farben sind Grundvoraussetzung. Wobei diese Trends sich aber branchenspezifisch entwickeln. Jedes Label versucht dies für seine »Story« individuell abzustimmen. Unsere Kunden bewegen darüber hinaus ganz andere spannende Dinge. Wie wird sich beispielsweise das Onlinegeschäft entwickeln? Welche Chancen und Konzepte entwickeln sich daraus für den stationären Handel? Wie verändern neue Medien und soziale Netzwerke Shoparchitektur und Raumgestaltung? Nicht zu vergessen wie Ladenplanung einer alternden Gesellschaft Rechnung trägt. Hier bieten sich viele Möglichkeiten für Produkt- und Konzeptinnovationen. Somit auch für Unternehmens und Beratungskompetenz.
Und wie gehen Sie bei einer Kundenanfrage vor?
Wir beurteilen in einer Machbarkeitsstudie ob die Anfrage und der Kunde zu uns passt. Hierbei prüfen wir ob der Auftrag preislich machbar ist und zu unserer Produktion passt. Darüber hinaus interessieren wir uns aber auch stark dafür was wir für den Kunden darüber hinaus bieten können. Wir möchten unsere Auftragsquote so optimal wie möglich gestalten, das motiviert auch unsere Mitarbeiter. Niemand arbeitet gerne für den Papierkorb. Ideal sind hierbei Anfragen bei denen wir Dienstleistungen und Serviceleistungen mit einbringen können. Rahmenverträge sind gut, wenn die Möbel innerhalb der Vertragslaufzeit weiterentwickelt werden. Rollouts bieten wir gerne an, wenn wir unser Know How mit einbringen dürfen. Wir wollen unseren Kunden helfen besser und effizienter und auch kostengünstiger zu werden. Das klingt zwar jetzt platt aber darum geht es wirklich.
Aber zuerst bekommt der Kunde sein Angebot…
… wenn eine Kundenanfrage oder Akquise passt, übernimmt ein Projektleiter die weitere Bearbeitung. Je nach Auftragsart kommen Kalkulator, Planung und Konstruktion hinzu. Das Team prüft was wie wirtschaftlich bei uns produziert und was an Zulieferer vergeben wird. Immer unter dem Aspekt der idealen Auslastung unserer eigenen Fertigungskapazität.
Und wenn der Auftrag da ist?
Dann betreut das gleiche Team den Kunden weiter. Es ist zugleich verantwortlich für das Zeit- und Kostenmanagement. Und ganz wichtig: auch für Visionen wie der Kunde für uns begeistert werden kann.
Erfüllt bei all den visionären Anforderungen der konkrete Fertigungs-Workflow die Erwartungen?
Im Jahr 2012 hatten wir einen Umsatz von 18 Millionen Euro. Dabei waren identische Shop-in-Shop Systeme für Kunden in dreistelliger Anzahl aber auch Einzelaufträge beispielsweise für den Bäckermeister um die Ecke. Wichtig ist die Mischung an Aufträgen. Idealerweise haben wir etwa 70 Prozent Standardbauteile und 30 Prozent Sonderbau die gemeinsam durch den Fertigungsfluß gehen. Und Spitzen müssen zusätzlich zwischendurch gleiten können, sogenannte »rote Aufträge«, wenn doch mal etwas Unerwartetes auf der Montage auftreten sollte. Das Ganze ist inzwischen so aufgestellt, dass beispielsweise große Serienmöbler die Fertigung von flexiblen Stückzahl-1-Aufträgen an uns übertragen. Wenn bei diesen definierten Kunden bis 15 Uhr per Mail der Auftrag bei uns in Oberkirch aufläuft garantieren wir die Anlieferung per Pendelbox am nächsten Morgen um 11 Uhr an deren Rampe.
Das Interview führte dds-Redakteur Hubert Neumann

Hintergrund
Rainer Strittmatter, Vertriebsleiter Helia- Ladenbau; ausgebildet zum Gestalter, Schreinermeister und Technischen Holzfachwirt in Freiburg; viele Jahre tätig als freiberuflicher Ladenbauplaner
Helia-Ladenbau, 140 Mitarbeiter, davon 14 Auszubildende, 6200 m² Produktionsfläche , 2400 m² Projektmanagement, Arbeitsvorbereitung, Verwaltung Umsatz: 18 Mio Euro (2012), 35 Prozent davon im Ausland; erhaltene Preise: 2012: »TOP 100 der innovativsten Unternehmen Deutschlands« 2012: »Top Produkt Handel« www.helia-ladenbau.de
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