Im Stil der Zeit

Der Umbau von Wohnhäusern aus den 60er- und 70er-Jahren ist eine reizvolle Aufgabe für Planer und Handwerker. Heinz Fink stellt einen Innenausbau unter der Regie des Stuttgarter Architekturbüros Bottega + Ehrhardt vor.

Der vorgefundene Bestand: ein solitäres Flachdachgebäude in reizvoller Hanglage in einem Stuttgarter Vorortbezirk. Neu geschaffene Fensterfronten im Wohn- und Essbereich öffnen nun den Raum zum Tal mit Blick auf Teich und Wald. Weitere Eingriffe in die äußere Struktur des Gebäudes wurden nicht vorgenommen.

Wesentliche Veränderungen gab es dagegen im Küchen-, Wohn- und Essbereich sowie im Elternschlafzimmer. Es entstanden offene Raumstrukturen mit überraschenden Blickperspektiven. Ein über das Erdgeschoss zugänglicher neu gestalteter Treppenraum verbindet die drei Voll- bzw. sechs Halbgeschosse. Die zentrale Wandscheibe besteht aus einer weiß lackierten MDF Hülle und einer innen liegenden Stahlkonstruktion. An dieser aufsteigenden Leitlinie setzen die Treppenstufen in geräucherter Eiche an. Für effektvolle Beleuchtung sorgen eine Lichtlinse in der Dachfläche und vertikal in die weiße MDF-Verkleidung eingelassene Leuchtstoffröhren.

Im ersten Obergeschoss befindet sich das Elternschlafzimmer mit einem zugeordneten Badezimmer. Die für sich abgeschlossenen Räume sind über eine ab Brüstungshöhe verglaste Ecke visuell verbunden. Wände und Boden nehmen den im Haus vorgefundenen bruchrauen Schieferbelag auf und bilden einen strengen Kontrast zu den weiß lackierten Badmöbeln. Der Waschtisch besteht aus dem Mineralwerkstoff LG HI Macs. Ein besonderer optischer Effekt entsteht durch die verspiegelte Verkleidung der Wandscheibe zum WC. Der Waschtisch scheint weiter zu laufen, der Raum wirkt größer. Die Glas- und Spiegeleinbauten wurden zusammen mit der Möblierung vom Innenausbauer ausgeführt.

Das auf der mittleren Ebene liegende Erdgeschoss erschließt sich durch den offenen Eingangsbereich. Von hier aus werden Küche, Essbereich, Garderobe und WC erreicht. Die zum Essbereich offene Küche besteht aus weiß lackierten Einbauten und weißen Arbeitsplatten in Mineralwerkstoff. Zum grifflosen Öffnen von Türen, Klappen und Schubkästen dienen über Druck auslösende Beschläge. Anstelle von Fliesen wurden weiß hinterlackierte Glasplatten in optisch reinem ESG-Glas verwendet. Eine nicht entfernbare Stützsäule transformierte zur vertikalen Achse eines Korpus mit Schubkästen. Diese praktische Ablage auf Arbeitshöhe stellt auch ein Bindeglied zwischen Küche und Essplatz dar.

Der großzügige offene Essbereich ist durch ein überdimensionales Fenster zur Natur bestimmt. Die breite, weiß ausgekleidete Laibung dient auch als Sitzplatz. Ein alter handwerklich gefertigter Gasthaustisch lädt als zentraler Treffpunkt zum Verweilen ein. Über eine ausgesparte Raumecke auf Bodenniveau kann von Essplatz und Küche aus der Wohnraum erfasst werden. Dieser liegt ein Halbgeschoss tiefer und öffnet sich ebenfalls über raumhohe große Fenster zur Natur. Neben Ledersofas, Hocker und einem Glastisch ist der Raum nur mit einem langgestreckten Sideboard möbliert. Hier sind HiFi-Komponenten und Lautsprecher, CD-Schubladen und die Hausbar untergebracht. Durch einen Lichtkanal setzt sich das Möbel von der Wandfläche ab.

Der Umbau unterlag einem engen Zeitrahmen, der nur durch gute Planung der Architekten und dem reibungslosen Zusammenspiel der beteiligten Gewerke möglich wurde. Das Ergebnis kann sich sehen lassen! Heinz Fink