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Hören und Sehen

Gestaltung
Hören und Sehen

Johanna Steng hat sich in ihrer Gestalterarbeit an der Fachschule für Holztechnik Stuttgart mit der Modernisierung eines Fachgeschäfts für Hörgeräteakustik befasst. Es entstand ein offenes Raumkonzept über zwei Etagen.

Martin Stumpf

Das Fachgeschäft befindet sich in einem Altbau mit Blick auf den historischen Marktplatz von Schorndorf. Zum Laden mit Sitzecke, Büro für zwei Mitarbeiter und einem schallisolierten Anpassungsraum gehört auch ein Obergeschoss. Hier sind Büro, Toilette und Lager untergebracht. Beide Etagen bieten jeweils 65 m² Fläche. Die Deckenhöhe liegt im Erdgeschoss bei 2,55 m, im Obergeschoss dagegen nur bei 2 m. Die Wände verlaufen teilweise schräg. Anstoß für die Planung von Johanna Steng war, dass der Inhaber einen zweiten Anpassraum einrichten wollte. Im Zuge dieser Maßnahme sollte das gesamte Geschäft umgestaltet und neu eingerichtet werden. Gewünscht waren ein zweiter Anpassraum im EG mit der Fläche 2,5 x 3 m, ein Arbeitsplatz für die manuelle Anpassung der Hörgeräte, vier Büroarbeitsplätze und ein neu gestalteter Kundenbereich.
Zentrales Element des Entwurfs von Johanna Steng sind die Verlegung der Treppe und die Öffnung der Decke. Die Anpassräume wurden als leuchtende Kuben ausgebildet. Umhüllt von einer transluzenten Barisoldecke, setzen sie gestalterische Akzente. Der Kunde im Anpassraum soll Blickkontakt zum Hörgeräteakustiker außerhalb haben, um eventuelle Platzangst zu vermeiden. Aus diesem Grund ist ein Fensterband integriert. Hinter der Treppe, die nun zwischen den Kuben angeordnet ist, entstand ein Arbeitsplatz mit Waschbecken und Stellfläche für Poliermaschine, Fräse und UV-Lichtgerät.
Der vordere Ladenbereich teilt sich in eine Sitzgruppe mit Kaffebar und eine Empfangstheke. Der L-förmige Tisch ist mit einer Blende versehen, hinter der die Kasse steht. Auf den Flächen daneben werden Kleinteile ausgestellt. Zwei neue Deckenöffnungen über dem Warte- und Kundenbereich gliedern die obere Etage mit den Büroplätzen. Ein grünes Band aus geschlitztem MDF (»Topan Form« von Glunz) wird an der Wand hoch- geführt. Es umschließt den Raum und verbindet die Etagen.
Technische Anforderungen
In den beiden Anpassräumen soll ein Störschallpegel von 40 dB(A) nicht überschritten werden. Die Nachhallzeit darf maximal 0,8 s betragen. Gewählt wurde eine nicht tragende Metallständerwand von Protector (CW 75/125) mit einem Schalldämmmaß von 51 dB. Die Türen von Garant haben ein Schalldämmmaß von 43 dB. Sie werden zusätzlich mit einer Akustikwand aufgedoppelt. Die Wände erhalten eine Verkleidung aus 22 mm breiten MDF-Leisten, die mit einer Fuge von 4 mm auf einen Rahmen geleimt werden. Dazwischen ist ein Akustikvlies eingelegt. Die abghängte Decke besteht aus Gipskartonplatten. Die Treppe mit der Unterkonstruktion aus Stahl und aufgesetzten Tritten aus Ahorn verläuft aus Platzgründen im Winkel von 45° – verbunden mit der Auflage, dass sie nur von Mitarbeitern benutzt werden darf.
Prozess des Entwurfs
Anders als bei einer fiktiven Aufgabe stehen bei der realen Planung der Kunde und die Machbarkeit im Vordergrund. Eigene Vorstellungen umzusetzen ist oft nicht einfach. Über den Planungsansatz sagt Johanna Steng: »Um Arbeitsabläufe zu beobachten und das Fachgebiet mit Anforderungen an Schallschutz und Raumakustik kennen zu lernen war ich einen Nachmittag lang Beobachterin im Laden. Da keine aussagefähigen Pläne existierten, waren Aufmaß und Fotos Grundlage meiner Planung. Die ersten Entwurfsgedanken: Großzügige, helle Räume gestalten und die Anpassräume durch eine beleuchtete Außenhaut als Mittelpunkt betonen. Die Anordnung mit einer Änderung der Zwischendecke zum Obergeschoss stand erst am Ende vieler Entwurfsvarianten fest.
Ich war anfangs beim Entwerfen zu blockiert, weil ich versuchte, mich in den Kunden hineinzuversetzen und seine Wünsche mit möglichst geringem Aufwand umzusetzen. Im Nachhinein glaube ich, es ist wichtig, die eigenen Ideen zu verfolgen und dem Kunden vorzustellen und erst danach Abstriche zu machen! Zu Beginn sollte man völlig frei entwerfen und sich später mit der Umsetzung und den Details befassen. Wenn die Detaillösungen am Anfang stehen, lässt man sich von auftretenden Probleme abschrecken und entmutigen. Letztendlich bin ich aber mit meinem Entwurf zufrieden. Es entstand ein ganz neuer Raum, der die Zweigeschossigkeit hervorhebt und interessante Eindrücke bietet. Das Geschäft hebt sich von den anderen Läden der Umgebung deutlich ab. Die zwei beleuchteten Anpassräume bringen Spannung und erhellen den Arbeitsplatz hinter der Treppe. Im Obergeschoss lösen schöne, helle und offene Arbeitsplätze den zuvor niedrigen und dunklen Raum ab.
Dem Kunden hat die Planung sehr gut gefallen. Er hat allerdings nicht mit Umbauarbeiten in so großem Umfang gerechnet – Deckendurchbrüche und die Verlegung der Treppe erfordern doch einen erheblichen Aufwand. Es muss nun geklärt werden, wie hoch sich die Kosten für die Umgestaltung belaufen und in welchem Umfang dann die Ideen verwirklicht werden können.«
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