»Passion – Künstler an der Drechselbank« heißt ein Buch über Menschen, die nicht selten auf Umwegen zum Drechseln gekommen sind und darin heute Beruf und Berufung vereinen. Heinz Fink stellt einige der Biografien vor.
Passion – im Sinne von Neigung oder Leidenschaft – verbindet die „Künstler an der Drechselbank“. Das gleichnamige Buch von Helga Becker, Richard Becker und Georg Panz gibt einen sensiblen und oft intimen Einblick in die Arbeitsweise, die Werkstätten und die spannenden Biografien der Künstler.
Neben der gewerblichen Drechslerei mit dreijähriger Lehre, Gesellenjahren und der Meisterprüfung hat sich in den vergangenen Jahren eine aktive Szene von freien Drechslern entwickelt. Sie kommen über eine Tischlerausbildung zur Drechslerei oder sind vielleicht der drehenden Werkstoffbearbeitung zuerst in einer Mechanikerlehre begegnet.
Auch freiwillige oder unfreiwillige berufliche Umwege führen manchen auf den »Holzweg«. Nicht zuletzt kann das Drechseln im Kontext der freien Kunst und Gestaltung eine persönliche Form des künstlerischen Ausdrucks sein.
Alle verbindet über ihre handwerkliche Perfektion hinaus das Bedürfnis, Dinge zu formen und zu gestalten. Ein hohes Maß an Beobachtungsgabe – sowohl für die natürliche wie auch für die von Menschen gestaltete Welt – und stetiges Interesse an Neuem gehören dazu.
Verschlungene Lebenswege
Karl Decker kam über die Tischlerlehre, Gesellenjahre als Modelldreher in einer Gießerei und ein Produktdesign-Studium zum Drechseln. Viele Umwege haben die Biografie von Peter Hromek geprägt: Feinmechanikerlehre in der ehemaligen Tschechoslowakei, Abitur, Maschinenbaustudium in Deutschland, Straßenmusiker, Gitarrenbauer und schließlich Drechsler …
Friedrich Kuhn wurde vom musisch- künstlerischen Berlin der 70er-Jahre geprägt. Musikinstrumenten- und Möbelentwürfe führten ihn zum Drechseln. Seine skulpturalen Objekte lassen einen Ursprung in der »drehrunden«, an der Drechselbank entstandenen Grundform oft gar nicht mehr vermuten.
Aufgewachsen in einer Drechslerfamilie, erlernte Helga Becker 20 Jahre nach ihrer kaufmännischen Ausbildung »doch noch« unter Anleitung des Vaters das Drechslerhandwerk. Sie verkauft ihre Arbeiten heute über Galerien in Mailand, Bergamo, Genf und Paris.
Der ehemalige Grundschulrektor Rüdiger Marquarding konnte nach einer schweren Krankheit seinen Beruf nicht mehr ausüben. Er fand als »Spätberufener« zum Drechseln. Exotische Hölzer kombiniert er mit Zinn und Silber.
Dass der Abschluss einer Lehre nicht notwendig zum Meister führen muss, zeigt Siegfried Schreiber. Nach seiner wenig befriedigenden Ausbildung zum Drechsler absolviert er das Abitur und studiert, wird Berufsschullehrer, steigt nicht ganz freiwillig aus dem Lehramt aus und entdeckt die Drechslerei wieder. Schreibers Schalen und Gefäße gehen oft auf kinetische Phänomene zurück und zeigen philosophischen Hintersinn.
Holger Graf aus Hilzingen im Hegau fand über die Schreinerausbildung und eine Drechslerlehre im Schwarzwald zur Selbstständigkeit als Künstler.
Hans Joachim Weissflog studierte nach Mechanikerlehre und Ausbildung zum Techniker Design in Hildesheim, wo er auch das Drechseln lernte. Seine oft nur wenige Zentimeter großen, durchbrochen gedrehten Arbeiten sind von mathematischer Präzision.
Sind Sie neugierig geworden, haben Sie vielleicht sogar Anklänge an den eigenen Berufs- und Lebensweg finden können? Dann werden Sie an „Passion“ Ihre Freude haben. Heinz Fink
Passion – Künstler an der Drechselbank. 160 Seiten, geb. 39 Euro. ISBN 3-937390-34-0 Zu beziehen über die Herausgeberin Helga Becker, Tel.: (07144) 260-880, Fax: -881 oder den dds-medienservice, Tel.: (0711) 7594-333, Fax: -566
Teilen:
Aus Ruinen auferstanden
