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Aus WK wird RC

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Aus WK wird RC

Im September wurde die neue Einbruchnorm DIN EN 1627 veröffentlicht. Christian Kehrer vom Institut für Fenstertechnik in Rosenheim ist Experte in Sachen Einbruchhemmung. Für dds fasst er zusammen, was sich ändert.

Christian Kehrer, IFT Rosenheim

Nach mehr als zwölf Jahren Vornormzeit wurde die Normenreihe EN 1627 ff. mit Ausgabedatum September 2011 in Deutschland als DIN EN 1627 ff. veröffentlicht. Welche Änderungen ergeben sich für Hersteller von einbruchhemmenden Bauteilen?
Die nachfolgenden Ausführungen erörtern die wesentlichen Änderungen der bisherigen Vornorm EN V 1627:1999 zur jetzigen Fassung und zeigen mögliche Auswirkungen auf. Hintergrund der Überarbeitung der Normenreihe war ein Angleich an den Stand der Technik sowie die Verbesserung der Reproduzierbarkeit der Prüfungen.
RC steht für Resistance Class
Wesentliche Neuerung ist, dass man sich an eine veränderte Bezeichnung der Widerstandsklassen – die bisher kurz als »WK« bezeichnet wurden – an die neue Bezeichnung »RC« aus dem Englischen für »Resistance Class« gewöhnen muss. An dem grundsätzlichen, sechsstufigen Klassifizierungssystem wurde jedoch nichts geändert. Weiterhin wurde der Anwendungsbereich um Vorhangfassaden und Gitterelemente ergänzt. Nicht mehr im Anwendungsbereich von DIN EN 1627 sind Tore und Schranken, die in den Geltungsbereich von EN 13241–1 fallen.
Aus nebenstehender Tabelle ist zu entnehmen, dass die Klasse RC 2 in zwei unterschiedliche Widerstandsklassen aufgeteilt wurde. Der Zusatz »N« bei den Widerstandsklassen »RC 1 N« sowie bei »RC 2 N« steht für »normal« bzw. »nationale Anforderung« und bedeutet, dass hier der Einsatz von Normalglas ohne angriffhemmende Eigenschaften möglich ist. Somit existiert künftig eine »normierte Klasse 2«, die einen Grundschutz gegen Hebelwerkzeug aufweist, jedoch den Einsatz von Normalglas möglich macht.
Überarbeitete Prüfnormen
An der grundsätzlichen Aufteilung zwischen statischer, dynamischer und manueller Werkzeugprüfung wurden im Rahmen der Überarbeitung keine Änderungen vorgenommen. Der jetzige Stand beinhaltet jedoch in der Widerstandsklasse 1 ein neues, statisches Prüfverfahren. Dieses orientiert sich an einem bislang bereits in England für Fenster und Türen verwendeten Verfahren (additional loading test). Hierbei wird, neben dem bekannten statischen Prüfverfahren, eine zusätzliche Last in Flügelebene aufgebracht. Erste Ergebnisse verdeutlichen, dass hierbei die manuelle Prüfung mit kleineren Hebelwerkzeugen wie Schraubendrehern sehr gut reproduziert wird und in der unteren Widerstandsklasse 1 auf zusätzliche manuelle Versuche verzichtet werden kann.
Neu definiert sind auch die Bewertungskriterien bei der statischen Prüfung. Wurden früher durch die statischen Belastungen entstandene Auslenkungen zwischen Flügel- und Blendrahmen ermittelt und aufgezeichnet, so werden künftig die bei den statischen Belastungen entstehenden Auslenkungen an definierten Stellen über sogenannte Spaltlehren ermittelt. Dies bedeutet, das Durchfallkriterium ist dadurch definiert, ob die Spaltlehren mit einem Durchmesser von 10, 25 und 50 mm in den entstandenen Öffnungen durchgeführt werden können. Diese Bewertungsmethode ist bereits aus dem Bereich des Brandschutzes bekannt.
Im Rahmen der Überarbeitung stellte sich heraus, dass das jetzige dynamische Prüfverfahren mit dem 30-kg-Sandsack zur Prüfung von Füllungen und Füllungsanbindungen der Bauelemente keine genügenden Aussagen zulässt. Dem wurde durch eine Modifikation der dynamischen Prüfmethode nach DIN EN 1629 Rechnung getragen: Künftig wird – ähnlich wie bei der Prüfung von Verglasungen nach EN 12600 – mittels eines 50 kg schweren Doppelrades geprüft. Erste Ergebnisse zeigen, dass durch diese wesentlich höhere dynamische Beanspruchung Glasbefestigungssysteme notwendig werden, die mittels einfacher Werkzeuge nicht mehr überwunden werden können.
Als Neuerung müssen Produkte in der RC 1 N vor der Prüfung »vorbereitet« werden. Hierzu werden alle Teile auf der Angriffsseite mit Hilfe der in EN 1630, Anhang A, Werkzeugsatz A.1 beschriebenen Werkzeuge abgeschraubt, abmontiert oder auseinandergebaut. Dieses Vorbereitungsverfahren darf nicht länger als drei Minuten dauern und muss zerstörungsfrei bleiben.
Verglasungen nach EN 356
Die Anforderungen an angriffhemmende Verglasungen nach EN 356 wurden auf europäischer Ebene sehr kontrovers diskutiert. Im Rahmen der Überarbeitung von ENV 1627 ff. wurde sehr schnell deutlich, dass die Auffassungen über den Widerstandswert der angriffhemmenden Verglasung auf europäischer Ebene sehr unterschiedlich sind und schwer auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können. Ergebnis der Normierungsarbeit sind nun die in Tabelle 2 dargestellten Anforderungen. Es zeigt sich, dass sich im Vergleich zur Vornorm keine Veränderungen in Bezug auf die einzusetzenden Verglasungen ergeben haben. Beachtet werden muss jedoch der geforderte Einsatz der angriffhemmenden P4A-Verglasung bei der Prüfung in den neuen Klassen RC 1 N und RC 2 N.
Das »Nationale Vorwort«
Zusammen mit der DIN EN 1627 ff wurde in Deutschland auch ein sogenanntes »Nationales Vorwort« mit zusätzlichen Informationen veröffentlicht. Die Erarbeitung erfolgte im deutschen Spiegelausschuss Einbruchschutz mit folgendem Inhalt:
  • NA.1 Zuordnung von Schließzylin-dern, Schutzbeschlägen und Schlössern
  • NA.2 Prüfungen
  • NA.3 Freiwillige Zertifizierung
  • (Güteüberwachung)
  • NA.4 Kennzeichnung
  • NA.5 Montage/Beispiele für geeignete
  • Wände/Montagebescheinigung
  • NA.6 Einsatzempfehlungen
  • NA.7 Hinweise zur Ausschreibung
  • NA.8 Hinweise zur Auftragsvergabe
  • NA.9 Einbruchhemmende Türen in
  • Flucht- und Rettungswegen
  • NA.10 Korrelationstabelle
Fazit und Ausblick
Nach mehr als zehnjähriger Überarbeitungszeit sind die europäischen Vornormen zum Einbruchschutz nun endlich fertiggestellt. Obwohl die aufgezeigten Änderungen im Rahmen der Überarbeitung von EN 1627 ff. auf den ersten Blick sehr umfangreich erscheinen mögen, werden sich die Auswirkungen auf bestehende Konstruktionen nach derzeitiger Einschätzung in erträglichem Maß halten. Gerade bei den wichtigen Widerstandsklassen 2 und 3 wurden nur kleine Änderungen vorgenommen, und bewährte Konstruktionen werden auch künftig die Anforderungen erfüllen. An die neue Bezeichnung RC für die Widerstandsklassen werden sich die Anwender der Normenreihe jedoch erst noch gewöhnen müssen. Die neuen Klassen RC 1 N und RC 2 N bieten künftig die Chance, einbruchhemmende Fenster und Türen in Deutschland noch besser vermarkten zu können. Gerade hier hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass ein »Schutzniveau« fehlt, das einen Grundschutz gegen das »Aufhebeln« bietet, jedoch den Einsatz einer angriffhemmenden Verglasung nicht zwingend erforderlich erscheinen lässt. Genau diese Klasse wird künftig in RC 2 N abgebildet. Auch seitens der Kommission Polizeilicher Kriminalprävention (KPK) wurde bereits signalisiert, die neuen Klassen im Rahmen der polizeilichen Beratungspraxis künftig mit zu berücksichtigen.

Aus WK wird RC Einbruchnorm EN 1627 – was ist neu?
  • die Widerstandsklassen heißen zukünftig »RC« statt »WK«
  • es wurden neue Bezeichnungen für die Klassen RC 1 N und RC 2 N aufgenommen. Darüber hinaus erfolgte eine Überarbeitung der Prüfverfahren
  • Prüfnachweise nach DIN V EN V 1627 können gemäß einer Korrelationstabelle weiter verwendet werden
  • das »Nationale Vorwort« enthält umfangreiche zusätzliche Informationen z. B. zur Austauschbarkeit von Beschlägen
  • inwieweit die neuen Klassen RC 1 N und RC 2 N in die polizeiliche Beratungspraxis einfließen, wird derzeit diskutiert
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