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Ein beherztes Ja zu E05

Pfleiderer setzt E05-Standard für Holzwerkstoffe weltweit um
Ein beherztes Ja zu E05

Ein beherztes Ja zu E05
Holzwerkstoffe durften bisher höchstens 0,1 ppm Formaldehyd emittieren. Ab 2020 gilt de facto der halbierte Grenzwert, und das nicht nur für Bauprodukte, sondern für alle Foto: jarun011/stock.adobe.com
Ab 2020 gilt mit dem neuen E05-Standard in Deutschland ein strengerer Grenzwert für die Emission von Formaldehyd aus Holzwerkstoffen. Die übrige EU ist nicht betroffen. Von Betroffenheit ist aber auch beim Plattenhersteller Pfleiderer nichts auszumachen.

Claus Seemann, Leiter Produktmanagement Träger bei Pfleiderer

Formaldehyd ist ein farbloses, säuerlich-stechend riechendes Gas. Die Substanz kommt auf vielfältige Weise in der Umwelt vor, entsteht beispielsweise auch im menschlichen Körper und ist als natürliche Substanz im Holz enthalten. Formaldehyd zählt zu den bekanntesten Luftschadstoffen in Innenräumen. Bei Holzwerkstoffen entsteht die Substanz üblicherweise durch die Reaktion von Klebstoffen mit Wasser. Da Formaldehyd aber nicht komplett abbindet, geht ein kleiner Teil in die Raumluft über.

Ringsherum beschichtete Holzwerkstoffe stellen unter normalen Bedingungen keine gesundheitlichen Risiken dar. In der Praxis spiegeln die festgelegten Parameter der aktuellen Emissionsklasse E1 allerdings nicht immer die vorliegenden Bedingungen wider. Neue und sanierte energetisch optimierte Gebäude weisen eine dichtere Bauweise auf, etwa durch hochdichte Fenster. Die Luftwechselrate sinkt erheblich und selbst manuelles Lüften kann die Emissionen nicht immer ausreichend entfernen.

Für einen besseren Gesundheitsschutz beschloss der Bundesländerausschuss für Chemikalien strengere gesetzliche Grenzwerte für die Formaldehydemission aus Holzwerkstoffen. Der neue Standard E05 gilt ab dem 1. Januar 2020 ausschließlich in Deutschland.

Verarbeiter nicht betroffen

Die neuen Grenzwerte für Formaldehydemissionen gelten für beschichtete und unbeschichtete Holzwerkstoffe. Das betrifft alle Holzwerkstoffe. Geregelt ist das Inverkehrbringen in Deutschland, nicht das Herstellen. Die deutsche Binnenregelung bezieht sich somit auch auf ausländische Hersteller mit Absatz in Deutschland. Der Verwendungszweck der Platten ist irrelevant, dementsprechend sind alle Anwendungsfelder wie Möbel, Bau und Verpackung betroffen. Die Beschränkung der Inverkehrbringung nach der ChemVerbotsV gilt ausschließlich für den deutschen Markt. Stellen Hersteller ihre Produkte erst außerhalb Deutschlands für Dritte bereit, handelt es sich um Transitverkehr und die Beschränkung gilt somit nicht.

E1-Lagerbestände bleiben zulässig

Die Regelungen haben auf die Verarbeiter von Holzwerkstoffen keine Auswirkung. Lagerbestände im Handel und der Industrie in bisheriger E1-Qualität können auch nach dem 1. Januar 2020 verkauft und verarbeitet werden, da sie bereits in Verkehr gebracht sind. Für die Kunden von Pfleiderer entfällt im Zuge der Neuregelung die eigene Prüfpflicht hinsichtlich der Holzwerkstoffplatten. Pfleiderer produziert die Rohplatten im neuen Standard E05, bringt sie in Verkehr und trägt somit die Verantwortung, dass die Emissionsgrenzwerte geprüft und eingehalten werden.

E05-Produktion läuft langsamer

Im Vergleich zu E1-Produkten erfordert die deutsche Sonderregelung einen langsameren Produktionsprozess. Die verwendeten Leime verfügen über ein deutlich niedrigeres Molverhältnis von Formaldehyd zu den anderen Bestandteilen wie beispielsweise den Harnstoffen. Aus diesem Grund erfordert die chemische Reaktion des Materials längere Presszeiten. Diese Anpassungen und die veränderten Produktionsweisen gewährleisten weiterin eine hervorragende Verleimung und senken die Formaldehyd-Emissionen um 50 Prozent. Allerdings geht das zulasten der Produktionsleistung.

Der Raumgesundheit verpflichtet

Raumgesundheit und Nachhaltigkeit sind für uns bei Pfleiderer Grundprinzip des unternehmerischen Handelns. Seit Langem unterstützen wir die Forderung des Europäischen Holzwerkstoffverbandes EPF nach einer verbindlichen Vorgabe hoher Emissionsstandards in Europa. Seit 1923 produzieren wir Holzwerkstoffe und befürworten die neuen Richtlinien zur Senkung der Formaldehydemissionen ausdrücklich. Obwohl die hohen Emissionsstandards speziell für den deutschen Markt gelten, fertigen wir weltweit nach der neuen E05-Norm.

Mit sehr niedrigen Formaldehydgrenzwerten konnten wir bereits 2008 mit der kalifornischen CARB-Zertifizierung Erfahrungen sammeln. Unsere emissionsarmen »DecoBoard«- und »LivingBoard«-Varianten schmückt sogar der Blaue Engel. Mittlerweile haben wir die Produktionsprozesse und Rezepturen für Holzwerkstoffplatten einem weitreichenden Anpassungsprogramm unterzogen und liefern ab dem 1. Januar 2020 nur noch Holzwerkstoffplatten, die den neuen Emissionsanforderungen entsprechen.

Fremdüberwachte Qualität

Die Formaldehydabgabe von Holzwerkstoffen ist von zahlreichen Faktoren abhängig: Holzart, Aufbereitung des Holzes, Klebstoff, Additive, Nachbehandlung und Alterung des Holzwerkstoffs. Um besonders strenge Emissionsstandards zu erfüllen, sollten Holzwerkstoffhersteller auf weitreichende Erfahrungen und bewährte Vorgehensweisen zurückgreifen können. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bildet die Qualitätssicherung. Wirkungsvoll ist die Kombination aus regelmäßigen Fremdüberwachungen durch unabhängige Institute und eigene akribische Prüfungen.

Alle unsere Werke verfügen neben der standardmäßigen Perforatormethode über Labore mit Gasanalyseapparaturen, die selbst geringe Formaldehydemissionen schnell und präzise erfassen. Am Standort in Arnsberg befindet sich zudem eine zentrale Analytik. Hier werden in zwölf eigenen Prüfkammern Emissionstests nach der Chemikalienverbotsverordnung (ChemVerbotsV) durchgeführt.

Anbieter von Holzwerkstoffen sind auch nach den neuen Regelungen nicht verpflichtet, ihre Prozessverfahren und Produktionsweisen extern prüfen zu lassen. Um die Einhaltung aller vorgeschriebenen Emissionswerte bei Holzwerkstoffen sicherzustellen, empfiehlt sich die Durchführung externer Audits. Pfleiderer lässt seine Holzwerkstoffe etwa regelmäßig durch das Entwicklungs- und Prüflabor Holztechnologie GmbH (EPH) in Dresden und durch das Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI in Braunschweig zertifizieren und prüfen.

Fit für noch strengere Vorgaben

Um die strengen Emissionsrichtlinien nach E05 für Holzwerkstoffe erfolgreich umsetzen zu können, sollten Produzenten neben den erforderlichen Ressourcen auch über umfassende Erfahrungen und wirkungsvolle Prüfmethoden verfügen. Maßstäbe in den Bereichen Raumgesundheit und Nachhaltigkeit für Holzwerkstoffe unterliegen einer stetigen Weiterentwicklung. Hierdurch ist auch zukünftig mit erhöhten Anforderungen zu rechnen. Hersteller, die solche Entwicklungen stetig beobachten, sind in der Lage, frühzeitig auf Veränderungen zu reagieren und zuverlässig entsprechende Produkte anzubieten.


Grenzwert für Formaldehyd nur in Deutschland de facto halbiert

Ab Januar 2020 müssen in Deutschland Holzwerkstoffe nicht mehr nur als E1, sondern ggf. auch als E05 klassifiziert sein. Für die übrige EU gilt das nicht. Formaldehydemissionen lassen sich dann nicht mehr nur nach DIN EN 717-1, sondern auch nach der neuen DIN-EN 16516 messen. Das Kürzel E1 verwendet die Branche für Platten, die nach ersterem Verfahren maximal 0,1 ppm Formaldehyd emittieren. E05 steht für Produkte, die nach zweiterem Messverfahren denselben Grenzwert einhalten. E1-Rohplatten bleiben weiterhin zulässig, wenn sie nach dem Beschichten den E05-Test bestehen. E1 erfasst nur Bauprodukte, die Formaldehydvorgaben gelten aber für alle Produkte. Energiesparsames Bauen führt nach Forschungen des Umweltbundesamtes und dem Bundesamt für Materialforschung zu weniger Luftwechsel und damit zu höheren Schadstoffkonzentrationen. Also initiierten die beiden Institutionen das neue Prüfverfahren. Es soll die Wohnsituation besser berücksichtigen und weist doppelt so hohe Werte wie das alte aus. Nominal ändert sich der Grenzwert zwar nicht, de facto halbiert er sich jedoch.

Anemon Strohmeyer, Geschäftsführerin des Verbandes der Deutschen Holzwerkstoffindustrie, begrüßt grundsätzlich niedrigere Schadstoffemissionen, jedoch beklagt sie Wettbewerbsnachteile auf dem europäischen Markt: »Statt eines nationalen Alleingangs brauchen wir eine europäische Lösung«. –GM


Claus Seemann

»Obwohl E05 nur in Deutschland Vorschrift ist, setzen wir es weltweit um.«

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