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Azubi und Ausbildungsabbruch

Prävention gegen Ausbildungsabbruch
Wenn der Azubi von Bord geht

Wenn der Azubi von Bord geht
Betriebe, die ausbilden möchten, sollten sich schon bei der Bewerberauswahl Zeit lassen und ein gutes Umfeld schaffen Foto: Seventyfour/stock.adobe.com
Der Abbruch einer Ausbildung kommt leider vor. Gerade bei unschlüssigen Bewerbern ist die Gefahr einer Vertragsauflösung beziehungsweise eines Abbruchs am Ende der Probezeit groß.

Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher, Heidelberg

Für den Abbruch geben sich Ausbilder und Azubi gegenseitig die Schuld. Azubis reklamieren Überstunden und vor allem mangelnde Vermittlung von Ausbildungsinhalten. Das führt zu Aussagen wie »Ich fühle mich unwichtig« oder »Zusagen bei der Einstellung wurden nicht eingehalten«. Auch Über- oder Unterforderungen, schon in den ersten Wochen, und persönliche (Fehl-)Einschätzungen führen zum Abbruch: »Den Beruf habe ich mir anders vorgestellt« oder »Ich bin den Aufgaben doch nicht gewachsen«. Mitunter ist eine Vertragsauflösungen aber gar kein Ausbildungsabbruch, sondern der Azubi wechselt den Ausbildungsbetrieb, weil dieser (vermeintlich) bessere Bedingungen, einen modernen Maschinenpark oder die interessanteren Aufgaben bietet.

Die Ausbilder beklagen dagegen geringe Motivation, falsche Vorstellung des Azubis und seinen geringen Einsatz im Arbeitsalltag. Es fehle vor allem an Durchhaltevermögen.

Je früher desto besser

Oft sind ausbildungsfremde Tätigkeiten die Ursache für Unmut. Hinzu kommen die großen Erwartungen des Azubis an seinen Arbeitsplatz. Dementsprechend ist es meist der Auszubildende selbst, der kündigt. Wird die falsche Berufswahl frühzeitig bemerkt, ist das noch die beste Situation für beide Seiten. Einsteiger sollten sich nicht für die »Second-best-option« entscheiden. Nur wenn Betrieb und Branche wirkliche die erste Wahl sind, ist der Azubi voll dabei!
Wird hingegen die Ausbildung einvernehmlich und frei von Vorwürfen abgebrochen , sorgt der Auszubildende zumindest nicht für negative Schlagzeilen.

Kündigung kostet Geld und Mühe

Unter der Zielsetzung »Nicht gleich hinschmeißen« sollte der Arbeitgeber zunächst versuchen den Azubi zu halten, denn eine Vertragsauflösung ist für beide Seiten unangenehm. Die Arbeitskollegen sind irritiert und für den Betrieb entsteht eine Personallücke. Es kostet Zeit und Geld, sie zu füllen. Und das Team muss sich wieder an einen neuen Azubi gewöhnen – ein Anpassungsprozess, der nicht jedem leicht fällt.

Trotz Personalmangel darf nicht jeder, der sich um einen Ausbildungsplatz bewirbt, eingestellt werden! Oberflächliches On-Boarding führt schnell zum Off-Boarding. Je sorgfältiger die Auswahl, desto weniger Abbrüche gibt es. Im Einstellungsgespräch stellt man Fragen, um viel vom Bewerber zu erfahren. Neben seinen Stärken und Schwächen sind insbesondere seine konkreten Erwartungen an den Ausbildungsbetrieb wichtig. Dabei ist es durchaus üblich, eine weitere Person, beispielsweise einen erfahrenen Mitarbeiter, einzubeziehen. Schnuppertage und längere Praktika reduzieren falsche Erwartungen.

Ausbilden heißt informieren

Eine planmäßige Einweisung besteht aus drei Stufen: Die Muss-Informationen, die bereits zur zur Erledigung von einfachen Arbeiten unbedingt erforderlich sind. Kann-Informationen sind zusätzliche Tipps für die tägliche Arbeit, die augenblicklich nicht aktuell sind. Plus-Informationen hält man zunächst zurück, weil sie den Azubi überfordern könnten. Sie werden nur auf seine Fragen hin vermittelt.

Informationsbedürfnisse sind sehr unterschiedlich, an den Fragen des Neuen erkennt man sein Interesse und seine Auffassungsgabe. Sowohl Überforderung als auch Unterforderung sind Störfaktoren bei der Ausbildung. Um Eintönigkeit zu vermeiden müssen Aufgaben für den Azubi variieren, denn Eintönigkeit tötet Interesse. Abwechslungsreiche Aufgaben werden dagegen begrüßt. Das erreicht der Ausbilder, wenn er zu einer Aufgabe mehrere Lösungsvarianten mit dem Azubi bespricht. Digitale Lernformate sind heute ebenfalls einzubinden, denn sie können Lernprozesse unterstützen und holen den Azubi in seiner inzwischen vertrauten (Lern-)Umgebung ab.

Prävention von Abbrüchen

Man unterscheidet drei Arten der Prävention. Die primäre Prävention zielt darauf ab, die Neigung zu einem Ausbildungsabbruch erst gar aufkommen zu lassen. Zur Vorbeugung zählt die auch Gleichbehandlung aller Personen im Betrieb. Spätestens nach der Probezeit sollte der Azubi auch das Jobticket, die Fachzeitschrift oder weitere Vergünstigungen, die für das Kernteam gelten, erhalten.

Mit sekundären Prävention möchte man einen bevorstehenden Abbruch erkennen und vermeiden. Warnsignale für die (Un-)Zufriedenheit des Azubi liefern dessen Reaktionen auf Arbeitsaufträge. Zunehmende Unzuverlässigkeit bei qualitativen oder zeitlichen Ausführung zeigen seinen Frust. Auch häufiges Zuspätkommen mit fadenscheinigen Erklärungen ist ein Signal, dass der Ausstieg kurz bevor steht. Statt der üblichen Kritik kann ein Feedbackgespräch die Rettung sein. Es kommt darauf an, Etappenziele in der Ausbildung zu setzten und den Betreffenden daran zu beteiligen. Der Betrieb übernimmt dann die Rolle des Beobachters und gibt regelmäßig Rückmeldung. Beide Seiten müssen den Lernfortschritt feststellen und ihn kommunizieren. Ganz wichtig ist die Transparenz der jeweiligen Arbeitsaufgabe für junge Leute. Das ist immer der Fall, wenn der Ausbilder die Zusammenhänge einer Tätigkeit verdeutlicht, vom einzelnen Arbeitsschritt bis zum Ergebnis. Dadurch erschließt sich für Azubis der Sinn ihrer Arbeit. Entscheidend ist zu erkennen, dass man Teil des Ganzen ist und ganz persönlich zum Betriebserfolg beiträgt. Das schafft Arbeitsfreude und die Bereitschaft Verantwortung für die eigene Tätigkeit zu übernehmen. Auch die Kollegen brauchen eine positive Einstellung gegenüber den Auszubildenden.

Bei der tertiären Prävention geht es darum, die von dem Ausbildungsabbruch betroffenen Personen (Azubi, Ausbilder und Lehrer) im Nachgang zu unterstützen und gemeinsam die Ursachen zu analysieren, um in Zukunft Abbrüche zu vermeiden.

Bewerber und Azubis wertschätzen

Betriebe, die ausbilden möchten, müssen die Voraussetzungen für eine regelkonforme Ausbildung schaffen. Sind ihre Erwartungen falsch oder dauerhaft zu hoch, kann das zum Abbruch führen. Allerdings haben auch Azubis hohe Ansprüche, die der Realität nicht immer entsprechen. Dennoch: Azubis kennen ihren Wert und wissen, dass sie gefragt sind.


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