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Vorsprung durch Know-how und Kompetenz

Marketing & Betriebsführung
Vorsprung durch Know-how und Kompetenz

Teil 2 der dds-Serie zum barrierefreien Bauen: Was müssen Tischler und Schreiner tun, wenn sie dieses Marktsegment bearbeiten möchten? Tipps von Dr. Hildebrand von Hundt, Geschäftsführer des Technologie-Zentrums Holzwirtschaft (TZH) und Leiter der Kooperation „Barrierfrei leben“ in Dortmund.

Hilfsbedürftigkeit entsteht häufig nicht durch Alter und Behinderung an sich, sondern wird durch die mangelhafte Anpassung des Wohnumfeldes verursacht. Da gerade die Personengruppe der Älteren und Behinderten einen verhältnismäßig hohen Zeitanteil in den privaten Räumen verbringt, bildet die Wohnung den zentralen Lebensmittelpunkt und ist damit der Ort für Aktivitäten, Selbstverwirklichung und Ausdruck der Individualität. Hieraus lässt sich u.a. der hohe Stellenwert der optimalen Planung und Gestaltung ableiten.

Oftmals können bereits kleinere Veränderungen in der Wohnung die gewünschten Effekte erzielen: Haltegriffe an der Balkontür und im Bad, zweiter Handlauf an der Treppe oder Entfernung von Stolperfallen führen zu größerer Sicherheit innerhalb der Wohnung und zu einer leichteren und bequemeren Nutzung der unterschiedlichen Wohnräume. Bei den darüber hinaus durchzuführenden baulichen Maßnahmen handelt es sich häufig um Schwellenbeseitigung, Umbau von Bädern und Türverbreiterungen sowie komfortable und funktionale Einbauten.
Altersbedingte Veränderungen
Die Abnahme der Leistungsfähigkeit durch Behinderung oder Alter hat einen großen Einfluss auf die Orientierung und das Zurechtfinden im Alltag, ebenso wie auf die Möglichkeit zu sozialen Interaktionen. Zu diesen naturbedingten Veränderungen gehören nachlassende Sehkraft, Altersschwerhörigkeit und schwindende Beweglichkeit.
Bei reduzierter Sehkraft sind die häufigsten Einschränkungen nachlassende Sehschärfe, beeinträchtigtes Farbsehen und eingeengtes Sichtfeld. Größere Bedienelemente helfen hierbei und eine kontrastreiche Gestaltung.
Durch Verschlechterungen im Knochenbau und die Rückbildung der Muskulatur lassen im Alter generell die körperlichen Kräfte nach. So fällt es älteren Menschen zunehmend schwerer, lange Wegstrecken zurückzulegen, Steigungen und Stufen zu überwinden, notwendige Handgriffe auszuführen und kompliziertere Bewegungsabläufe zu koordinieren.
Barrieren zu erkennen und Lösungen parat zu haben, das sind die Eintrittskarten in diesen Markt. Festzustellen, dass ein Handlauf auf der Treppenseite fehlt, eine Schwelle oder zu schmale Tür den Bewohnern den Genuss des eigenen Balkons verwehrt oder die Badewannennutzung nicht mehr möglich ist, reicht allein nicht aus. Erst die Kenntnis der technischen Möglichkeiten und innovativen Produkte sowie deren kreativen Kombination führt zu den individuellen, barrierefreien Lösungen: Die schwellenfreie Magnettürdichtung ist ebenso eine ideale Entwicklung wie der Paternosterschrank bei Stauraumproblemen, ein höhenverstellbarer Wasch-/Frisiertisch im Bad oder das elektronische Schließsystem für die Wohnungstür, kombiniert mit elektrischem Türöffner.
Senioren als Kunden
Ältere Menschen mit ihren Lebenserfahrungen sind kritisch, und sie wissen, was sie wollen. Das gilt für ihre Produktwahl ebenso wie für die Werbung. Hierauf muss sich das Handwerk bewusst einstellen. Vom Erstkontakt bis zur Rechnungsübergabe und – idealerweise – bei vereinbarten Wartungsverträgen ist der „Knigge des Handwerks“ in vollem Umfang zu berücksichtigen!
Pünktlichkeit ist das oberste Gebot. Im heutigen Mobilfunkzeitalter kann der Kunde per Handy über eine Verspätung leicht informiert werden. Denn Pünktlichkeit steht für Zuverlässigkeit und Qualität der Arbeit.
Der Name gehört zur individuellen Person. Den Kunden mit korrektem Namen anzusprechen, führt dazu, dass er sich ernst genommen und geschmeichelt fühlt. Genauso aber sollte sich der Handwerker – mit Visitenkarte – vorstellen, um eine positive Atmosphäre aufzubauen. Verkauft er sich als „No-Name-Handwerker“, ist er selbst wie auch seine Leistung austauschbar.
Das übersichtlich gestaltete Angebot darf einige Digitalfotos (bitte vorher um Erlaubnis fragen) von der Baumaßnahme enthalten. Das ist beeindruckend und erklärend zugleich; unsere Multimediatechnik lässt das auf einfache Weise zu. Die Fotos können auch letzte Zweifel vor Auftragserteilung ausräumen, die als „postdecisional regret“ bei der älteren Generation bekannt sind.
Rechtzeitig vor einer Baumaßnahme im Bad sollte geklärt werden, ob das WC für den Kunden nutzbar ist oder ob für die Zeit des Umbaus Ersatz beschafft werden muss.
Das Thema „Sauberkeit“ sollte ebenso selbstverständlich sein wie das Rauchverbot in den privaten Räumen des Kunden.
Die Abnahme der Handwerksleistung ist Chefsache. Bereiten Sie diese mit einem übersichtlichen Protokoll vor und nehmen Sie sich Zeit und einen ordentlichen Blumenstrauß mit. Ein späterer kurzer Besuch, wenn man einmal in der Nähe ist, frischt den Kontakt auf, und man ist sich einer positiven Mundpropaganda im jeweiligen Seniorenkreis – der im übrigen ein bedeutender Multiplikator sein kann – sicher.
Weiterbildung bringt weiter
Die Qualifizierungsmöglichkeiten sind vielfältig und zum Verständnis der Thematik unumgänglich. Selbstverständlich gehören die Normen (DIN 18024, DIN 18025) zum Basiswissen. Zum barrierefreien Bauen gehört aber weitaus mehr: die Kenntnisse der Krankheiten und altersbedingten Veränderungen, die Kostenträger für Wohnraumanpassungsmaßnahmen. Intensiv muss man sich mit dem „seniorengerechten Marketing“, den möglichen Multiplikatoren und den Partnern aus der Industrie befassen.
Umfangreiches, in der Regel kostenloses, Informationsmaterial bieten die Landes-Bau- und Familienministerien an, ebenso die Architektenkammern und Behindertenbeauftragten der Länder.
Seminartipp: „Barrierefreies Planen, Bauen und Wohnen“: 13., 20. und 28. Oktober 2004, Dortmund, Kontakt: TZH GmbH, 44137 Dortmund, Tel.: (0231) 912010-0, Fax: -50, www.tsg.nrw/home/
Weiterbildungseinrichtungen : Forschungsinstitut Technologie-Behindertenhilfe (FTB), Wetter/Ruhr, www.ftb.net.de, Schwerpunkt: Behindertengerechte Wohnung, Behinderten- technik
Gesellschaft für Gerontotechnik (GGT), Iserlohn, www.gerontotechnik.de, Schwerpunkt: SHK-Handwerk, Seniorengerechtes Wohnen
Hewi, Service-Center Barrierefrei, Bad Arolsen, www.hewi.de, Schwerpunkt: Behindertengerechte Badplanung
Susanne Tyll, Krefeld, www.susannetyll.de, Schwerpunkt: Finanzierung, Kostenträger, Wohnberatung

In den Kunden hineinversetzen
Welche Besonderheiten sind im Umgang mit Kundin und Kunde beim Thema „Barriefrei Wohnen zu beachten? Sabine Zöller über Fallstricke im Verkaufsgespräch.
Um es vorwegzunehmen, es ist wie mit allen anderen Kunden auch: Nur wenn ich sie verstehe, wenn ich mir ihr Anliegen zu Eigen mache und mich in ihre Situation hineinversetze, kann ich die passende und beste Lösung finden. Es ist nötig, den Blickwinkel zu wechseln, beim barrierefreien Bauen erst recht. Das beste Beispiel ist der Rollstuhl: Für viele Menschen ist er der Inbegriff der körperlichen Einschränkung. Für die, die auf ihn angewiesen sind, ist er hingegen der Inbegriff der Freiheit: Ohne ihn wäre jede Mobilität unmöglich. Nicht der Rollstuhl, sondern die Barrieren (Treppen, Absätze usw.) machen Menschen zu Behinderten.
Bei der Beschäftigung mit barrierefreiem Wohnen und Umbauen wird schnell offensichtlich: Behandeln Sie diese Kunden genau so wie die anderen auch. Zu Beginn steht, wie sonst auch, die Bedarfsanalyse (was, wie, wo, warum, für wen). Neben der Funktion eines Einrichtungsgegenstandes, z.B. etwas aufzubewahren, geht es auch darum, die Eigenständigkeit des Kunden zu wahren oder, noch besser, durch die Erneuerung zu vergrößern. Ziel ist es, die Bewegungs- und Handlungspotenziale voll auszuschöpfen und zu erweitern. Mit dem Kunden ist genau abzuklären, welche Tätigkeiten eigenständig ausgeführt werden und welche Tätigkeiten von der Assistenz erledigt werden.
Beim Kunden- und Beratungsgespräch sollten die Auswirkungen der Erkrankung und Einschränkung genau und sehr individuell erfragt werden.
Im Umgang mit beeinträchtigten Menschen stellen sich natürlich auch ein paar ganz praktische Fragen: Wie begrüße ich jemand, der seine Hände nicht bewegen kann? Wie zeige ich etwas einer Person, die nicht mehr gut sieht? Bei Unsicherheit am besten immer fragen, wie es die Kundin/der Kunde gerne hätte. Die betreffende Person hat in der Regel bereits einen Umgang damit gefunden. Bei Sehbehinderung lassen Sie sich kurz in die Funktion der Hilfsmittel einführen und stellen Sie sich darauf, z.B. dass Sie sehr groß schreiben müssen.
DIN-Normen sind das eine und bei so eindeutigen Dingen wie Türbreiten sehr nützlich. Zum anderen müssen unabhängig von den Norm-Lösungen sehr persönliche Dinge besprochen werden. Bei der Frage: „Wo soll der Toilettenpapierhalter hängen?“ muss z. B. geklärt werden, ob der Kunde selbst das Papier benutzt oder die Assistenz.
Am einfachsten sind solche Dinge auf einer sachlichen Ebene zu besprechen. Dem Verkäufer/der Verkäuferin sind solche Fragen zu Beginn vielleicht peinlich und führen zu Verunsicherung. Für den Kunden/die Kundin gehört es in der Regel zum Alltag, diese Punkte zu klären. Im Zusammenspiel mit der Assistenz geht es immer um die Klärung der Frage: „Wer macht was?“ Deshalb kann man als Berater/in ganz neutral an diese Fragen herangehen.
Von Nutzen während des Beratungsgesprächs ist ein vorbereiteter Fragenkatalog.Für den Umbau einer Küche könnte dieser z.B. folgendermaßen aussehen:
  • Was genau soll erneuert und verändert werden?
  • Warum genügt oder gefällt die bisherige Ausstattung nicht mehr?
  • Welche genauen Tätigkeiten macht der Kunde/die Kundin selbst?
  • Welche Tätigkeit macht die Assistenz?
  • Wer räumt die Spülmaschine ein?
  • Wie wird der Abfalleimer benutzt?
  • Unterschränke: Drehtüren, Schiebetüren, Vollauszüge?
  • Unterfahrbarkeit der Arbeitsplatte und evtl. auch des Kochfeldes?
  • Muss die Arbeitsplatte hoch und runter gefahren werden? Greifhöhe und Greifraum der Kundin/des Kunden.
  • Braucht man überhaupt Oberschränke? Alles, was fest montiert wird, muss abgeklärt werden.
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