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Sich selbst überflüssig machen

Marketing & Betriebsführung
Sich selbst überflüssig machen

Wer sein Unternehmen so organisiert, dass es auch ohne den Chef einigermaßen läuft, erhöht die Chancen für eine erfolgreiche Übergabe. Der Experte Olaf Rosenbaum aus Kiel beschreibt, wie sich Betriebsinhaber dem Thema Nachfolge nähern können.

Als Steuer- und Unternehmensberater betreue ich Betriebe in allen Phasen von der Gründung bis zur Übergabe. Am Ende eines Gründungscoachings gebe ich meinen Klienten meist zwei Fragen mit auf den unternehmerischen Weg: »Was für ein Unternehmen möchten Sie einmal an Ihren Nachfolger übergeben?« und »Wie machen Sie sich, wenn es soweit ist, in Ihrem Unternehmen überflüssig?« Diese Gedanken liegen bei der Existenzgründung natürlich noch in weiter Ferne. Dennoch ist es extrem wichtig, sich frühzeitig mit diesen Fragen zu beschäftigen. Von den Antworten und der damit verbundenen Umsetzung hängt es nämlich ab, ob ein Unternehmen überhaupt »verkaufbar« ist. Aus Erfahrung kann ich sagen: Wenn ein Unternehmen vollständig um den Inhaber herumgebaut ist, ist es nach dessen Ausscheiden faktisch nicht mehr vorhanden.

Irgendwann wird den meisten Unternehmern bewusst, dass sie das Unternehmen abgeben wollen oder vielleicht auch sollten. Zeitgleich beginnt sich ein Berg von Fragen aufzutürmen. Drei der Fragen sind dabei meiner Erfahrung nach besonders wichtig:
Was soll mit dem Unternehmen passieren und was mache ich danach?
Wie viel bekomme ich für das Unternehmen bzw. wieviel bleibt am Ende für mich?
Wofür brauche ich das Geld?
Ich beginne zunächst meist damit, mir einen Überblick über die Situation zu verschaffen und mich vor allem erst einmal mit den Fragen des Unternehmers zu beschäftigen.
Was soll mit dem Betrieb passieren?
Wichtig für die Fragestellung und den Weg zur Unternehmensübergabe sind die äußeren Bedingungen und persönlichen Ambitionen des Inhabers. Dabei steht zum Beispiel im Mittelpunkt, ob das Unternehmen innerhalb der Familie weitergegeben werden kann oder ob ein möglichst hoher Kaufpreis erlöst werden soll. Es ist auch überhaupt nicht ehrenrührig, sich mit dem Lebenswerk ein Denkmal setzen zu wollen. Vielleicht ist aber auch die Mischung aus all dem oder ein vielleicht ganz anderer Ansatz der richtige. Wichtig ist nur, sich über die Ziele klar zu werden. Egal, was Sie vorhaben: Das Unternehmen ist dann weg und Sie haben sich zu überlegen, was Sie machen, wenn Sie nicht mehr Unternehmer sind.
Wie viel ist das Unternehmen wert?
Um es vorweg auf den Punkt zu bringen: Es gibt kein objektives Bewertungsverfahren! In der betriebswirtschaftlichen Praxis haben sich Bewertungsverfahren etabliert, mit denen man versucht, einen Unternehmenswert zu berechnen. Oftmals werden Vergleiche gezogen: »Mein Kollege hat sein Unternehmen für … Euro verkauft.« Doch fraglich ist, ob zwei Unternehmen tatsächlich miteinander vergleichbar sind. Ebenso fraglich sind Berechnungen auf der Grundlage von Umsatz- oder Gewinnzahlen, die dann um einen Faktor multipliziert werden. Mit Objektivität hat das alles wenig zu tun, es ist bestenfalls marktüblich.
Gerne genommen werden Prognoseverfahren wie »discounted cash flow« (DCF). Auf der Basis von vorliegenden Zahlen, sogenannten Vergangenheitswerten, wird dabei versucht, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens vorherzusagen. Beispiel: Wenn ich fünf Jahre lang 100000 Euro verdienen kann, wie viel wäre das abgezinst heute als Einmalbetrag wert? Das haben wir zwar alle einmal in der Schule gelernt, einige können es vielleicht sogar aus dem Stegreif berechnen – ein objektiver Wert kommt aber auch da wohl nicht heraus. Ich rate aber dennoch dazu, diese Berechnung durchführen zu lassen. Das Verfahren ist sehr verbreitet, egal ob man Verkäufer oder Käufer eines Betriebes ist. Und das Ergebnis dient zumindest als Einschätzung.
Wie viel bleibt am Ende für mich?
Der gewinnbringende Verkauf eines Unternehmens ruft natürlich auch das Finanzamt auf den Plan. Die Berechnung der Steuerlast ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Sofern das Unternehmen innerhalb der Familie weitergegeben wird, bietet der Staat hohe Freibeträge.
Ansonsten gilt auch hier eine Faustformel als Anhaltspunkt: Verkaufspreis abzüglich Kapital des Unternehmens aus der Bilanz abzüglich der Veräußerungskosten = Veräußerungsgewinn. 30 Prozent des Veräußerungsgewinns entsprechen der Steuerlast. Das ist zwar nur eine grobe Einschätzung – aber es ist immerhin eine!
Wofür brauche ich das Geld?
Bleibt die grundsätzliche Frage: Wofür brauche ich das Geld? Die Frage ist natürlich sehr persönlich und dennoch von entscheidender Rolle, wenn es um den Verkauf des Unternehmens geht. Es muss geklärt sein, ob der Kaufpreis zur Entschuldung oder für die Altersvorsorge benötigt wird oder ob der Kaufpreis nicht konkret gebraucht wird. Letzteres ist zwar der Idealzustand, aber keinesfalls die Regel. Für die beiden ersteren Fälle rate ich zur Rückwärtsrechnung. Das heißt, der notwendige Betrag zur Entschuldung plus die angestrebte Altersvorsorge dienen zur Errechnung wie hoch der Kaufpreis vor Steuern sein müsste. Parallel dazu kann mit der angesprochenen Unternehmenswertermittlung aufgezeigt werden, ob sich dieser Wert überhaupt rechnerisch darstellen lässt.
Am Ende gilt es natürlich, jede Unternehmung individuell zu betrachten. Die Beantwortung der genannten Fragen nach »Was?«, »Wie viel?« und »Wofür?« bietet einen guten Einstieg in die Materie, kann aber nur der erste Schritt sein. Entscheidend ist vor allem, frühzeitig die richtige Unterstützung ins Boot zu holen. Erfahrene Berater im Bereich der Unternehmensübertragung können Betriebsinhaber durch den gesamten Prozess begleiten und stehen mit ihrem Wissen und auch mit standardisierten Abläufen und Checklisten zur Seite. Am Ende muss unter Berücksichtigung von persönlichen, wirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen Gesichtspunkten der Gesamtprozess festgelegt werden.

Der unternehmerische Notfallkoffer für Familie und Firma
Olaf Rosenbaum rät auch jüngeren Betriebsinhabern, sich mit Hilfe eines kompetenten Partners einen unternehmerischen »Notfallkoffer« für Familie und Firma zusammenzustellen. Dieser sollte Folgendes umfassen:
  • Die Nachfolgeplanung. Umfangreiche Analyse der Ist-Situation
  • Erstellung einer »Privatbilanz« mit allen Werten, komplett saldiert
  • Der Vermögensplan. Aufteilung und Zukunftsplanung
  • Die Steuerplanung. Umfassend für Privat und Unternehmung
  • Der Notfallplan. Die organisatorische Vorbereitung
  • Geschäftsvollmachten. Möglichkeiten und Umsetzung
  • Bankvollmachten
  • Passwörter und Schlüsselverzeichnis
  • Versicherungen, Privat und Firma
  • Gesellschaftsvertrag. Synchronisation mit dem Erbrecht
  • Der Beirat. Instrument für die Vorsorge im Unternehmen
  • Das Testament. Individuell und offen abgestimmt mit den Betroffenen
  • Die Patientenverfügung. Medizinische Notfallvorsorge
  • Betreuungsvollmacht und/oder Vorsorgevollmacht
  • Die Sorgerechtserklärung bei minderjährigen Kindern
  • Die Bestattungsverfügung
  • Brief und Botschaften für Angehörige

»Unternehmen, die um den Chef herumgebaut sind, sind nach dessen Ausscheiden so gut wie nichts mehr wert.« OLAF ROSENBAUM
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