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Horror in der Oberpfalz

Geschichten aus dem wahren Leben. Die Kolumne von Schreinermeister Laurenz E.
Horror in der Oberpfalz

Horror in der Oberpfalz
Bild: Artqu, Adobestock

Nein – ich bin nicht wirklich ein Freund des digitalen Zeitalters, schon gar nicht von diesen tragbaren Hightech-Telefonen mit ihren unzähligen Funktionen! Aber wenn ich mich an folgende Situation vor ziemlich genau 25 Jahren erinnere, wäre ich um genau dieses überaus dankbar gewesen.

Damals – quasi im vordigitalen Zeitalter – machte ich mich zu einem entlegenen Anwesen auf, um dort Zimmertüren zu setzen. Das ehemalige Bauernhaus war umgebaut worden und verfügte nun u. a. um einen innen liegenden, fensterlosen Abstellraum von sagen wir mal 2,5 m². Natürlich sollte auch dieser Raum eine nach innen öffnende Tür bekommen. So wurden mit den Bauherren noch die letzten Details besprochen und nachdem diese sich dann ins Berufsleben verabschiedet hatten, war ich allein. Mutterseelenallein! Auf einem Einödhof in der oberpfälzischen Provinz, 15 km von der Zivilisation entfernt! Das ist der Stoff, aus dem Horrorfilme entstehen!

Das Gute an jenem verhängnisvollen Tag war, dass ich zunächst alle anderen Türen im Erdgeschoss eingebaut hatte und sich somit mein Tagwerk in einem relativ fortgeschrittenen Stadium befand. Nach einer kurzen Mittagspause widmete ich mich dem Abstellraum. So stellte ich das Türfutter mit der Falzbekleidung von der Kammer aus in die Rohbauöffnung, verkeilte diese von außen, richtete das Konstrukt lotrecht aus und hängte das Türblatt ein, um die Luft und das Schließen der Tür zu kontrollieren. Vor allem das Schließen funktionierte ganz vorzüglich und ich weiß nicht, welcher Teufel mich ritt: Ich drückte das Türblatt, an dem natürlich noch keine Drückergarnitur montiert war, von innen zu. Noch heute erinnere ich mich an das schauderhafte Klicken der Falle, als sie im Schließblech einrastete. Dunkelheit! Der breite Schlitzschraubenzieher, der so wunderbar in die Nuss des Schlosskastens passt und den ich beim Türensetzen normalerweise in meiner linken Hosentasche weiß, lag auf dem Fußboden in der Diele. Panik! Wohl wissend, dass meine etwaigen Hilferufe vollkommen in der ländlichen Idylle verpuffen würden, versuchte ich nun, aus Ermangelung werkzeugähnlicher Gegenstände, mit meinen Fingernägeln zwischen Falzverkleidung und Mauerwerk zu kommen, um das Türfutter samt Blatt herauszuziehen. Weil das nicht einmal ansatzweise von Erfolg gekrönt war, zog ich meinen letzten Trumpf aus der Hosentasche: Einen Buchenkeil! Um diesen in die Nuss stecken zu können, musste er natürlich zunächst in die entsprechende Form gebracht werden. Einem Biber gleich knabberte ich an dem Keil, weil zum Auseinanderbrechen mit den Fingern die Kraft nicht genügte. Als er nach einer gefühlten Ewigkeit dann endlich in die Nuss passte, brach er beim Drehen der Selbigen mit einem kaum vernehmbaren Knacken einfach ab!

Wie einst Kaspar Hauser in seinem Verlies (übrigens befand sich dieses nur wenige Kilometer entfernt!) musste ich auf die Rückkehr des Bauherrn warten, der mich dann, selbstredend begleitet von schlauen Kommentaren, aus meiner misslichen Lage befreite. Hätte ich damals nur ein Handy besessen … (hätte ich vermutlich keinen Empfang gehabt)!

Ihr Laurenz E.

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