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Die Mitarbeiter der Schreinerei Flaig können mit Erfolgsprämien zum Lohn noch einiges dazuverdienen. So sorgen sie von sich aus für den Erfolg und profitieren davon. Für den Monteur rechnet sich beispielsweise eine Überstunde, die eine zweite Anreise zum Kunden erübrigt.

dds vor Ort bei Schreinerei Flaig
»Wir sitzen in einem Boot«

Die Mitarbeiter der Schreinerei Flaig können mit Erfolgsprämien zum Lohn noch einiges dazuverdienen. So sorgen sie von sich aus für den Erfolg und profitieren davon. Für den Monteur rechnet sich beispielsweise eine Überstunde, die eine zweite Anreise zum Kunden erübrigt.

Seit 15 Jahren beteiligen Hubert und Waltraud Flaig ihre Mitarbeiter in der Produktion monatlich am Erfolg der abgeschlossenen Aufträge. Die Führungskräfte partizipieren am Bilanzerfolg. Eventuelle Verluste trägt nur der Arbeitgeber, nicht die Belegschaft. Zwei Bücher über Erfolgsbeteiligung hat Hubert Flaig gelesen, keines schien ihm auf seine Schreinerei mit 75 Mitarbeitern zu passen, also entwickelte er ein eigenes Modell, das dds bereits vor zehn Jahren vorgestellt hat, siehe »An einem Strang ziehen« in dds 12, 2007, Seite 84.

Einige Produktionsmitarbeiter verdienen jährlich bis zu 3000 Euro hinzu, andere vielleicht 800 oder 1000. Die höchsten Prämien erzielen die Monteure, denn sie haben den größten Einfluss auf den Erfolg.

Hubert Flaig kalkuliert jeden Auftrag nach und ermittelt den Gewinn- oder Deckungsbeitrag: Erlös minus Material- und Arbeitskosten auf der Basis von Vollkostenstundensätzen. Beträgt er mindestens zehn Prozent vom Erlös, schüttet Flaig davon 20 Prozent an diejenigen aus, die an dem Auftrag mitgearbeitet haben. Der Verteilungsschüssel sind die geleisteten Stunden. Die Rechnung benötigt nur die drei Kostenstellen mit jeweils einem Vollkostenstundensatz: Maschinensaal, Bankraum und Montage. Jeder Mitarbeiter erhält mit jedem Auftrag eine Barcodekarte, die er bei Beginn und Ende eines Auftrags einscannt, um die Stunden dem Auftrag zuzuordnen. Das ERP-System »Schreiner Plus« hat die Schreinerei umprogrammieren lassen, um die Prämienzuweisung mit wenigen Mausklicks zu ermöglichen.

In die eigene Tasche gestempelt

Dreizehn Jahre lang funktionierte dieses System bestens, bis ein Bankraummitarbeiter seine Aufträge langsam abarbeitete und so über die Arbeitsstunden zu hohe Anteile der Prämie einstrich. Außerdem schönte ein anderer Mitarbeiter die Zahlen für die Nachkalkulation, indem er beim Stempeln Zeiten, die sich eindeutig den Aufträgen zuweisen ließen, wie beim Aufräumen auf die Werkstatt buchte. Das trieb die auszuschüttenden Summen in die Höhe. Die Schreinerei stellte das Prämiensystem sofort ein. Jetzt, zwei Jahre später, ist das inzwischen modifizierte System wieder eingesetzt. Die wichtigste Änderung ist die Vorgabe von Sollzeiten. Die Projektleier kümmern sich um die AV und geben hauptsächlich auf der Basis von Erfahrungswerten Sollstundenzahlen für die drei Kostenstellen vor. Das Konstruktionsprogramm Imos liefert hierfür auch nützliche Informationen. Gravierende Abweichungen fallen auf, sodass jetzt ein Missbrauch nahezu ausgeschlossen ist. Weiterhin hat Flaig den auszuschüttenden Anteil vom Deckungsbeitrag von 30 auf 20 Prozent gesenkt, und einen Deckel von 2,50 Euro/Stunde festgelegt.

Missbrauch nahezu ausgeschlossen

Mit der Prämie erzielt Hubert Flaig ein ganzes Bündel an Zielen: Die Mitarbeiter partizipieren am Erfolg und setzen sich dafür ein. Sie gehen sparsam und vorsichtig mit den Materialien um und achten darauf, günstig zu fertigen. Außerdem setzen sie sich dafür ein, dass ein Auftrag zum Abschluss kommt, denn erst dann erhalten sie die Prämie. Die Bereitschaft der Montagemitarbeiter, eine weitere Anfahrt mit Überstunden zu vermeiden, steigt. Sie füllen auch ihre Rapportberichte gründlicher aus, sodass die Kollegen im Büro auch spontan nachgefragte Zusatzleistungen, wie etwa das Kürzen eines Türblatts, in Rechnung stellen können. Außerdem fördert die Prämie die Anwesenheit, denn an Urlaubs-, Feier- und Krankheitstagen gibt es kein zusätzliches Geld.

Progressive Führungskräfteprämie

Für die 16 Führungskräfte gibt es ein eigenes Prämiensystem. Es setzt erst ab einer Gewinnsumme von beispielsweise 100 000 Euro ein und weist in 50 000-Euro-Schritten die auszuschüttenden Gewinnanteile zu. In der ersten Stufe sind es 20 Prozent, in der zweiten 25, in der dritten 30 … Den Gewinn von einem hohen Niveau aus zu verbessern, ist schwieriger als von einem niedrigen, daher wählte Hubert Flaig diesen progressiv ansteigenden Verlauf. Die Verteilung erfolgt nach vier Schlüsseln: einen Persönlichkeitsfaktor, der vom betrieblichen Engagement abhängt, einen Faktor für den Anteil an direkt mit Aufträgen verrechenbaren Arbeitstunden, einen Faktor, der für jeden Krankheitstag ein Prozent abzieht, sowie einen Firmenwagenausgleich.

Die Ziele bei der Führungskräfteprämie sind ähnlich wie bei den Produktionsmitarbeitern, belohnen aber ein gesamtheitlicher und langfristiger ausgerichtetes Engagement.

Attraktive Konditionen

Neben der Erfolgsbeteiligung bietet Flaig den Mitarbeitern noch attraktive Sozialleistungen und Rahmenbedingungen. So zahlt das Unternehmen für jeden Mitarbeiter ab dem ersten Tag jährlich 1000 Euro in die betriebseigene Pensionskasse, auf die er jedoch erst ab dem fünften Jahr Anspruch hat.

Zurzeit beschäftigt Flaig sieben Auszubildende. Sie nehmen am Prämiensystem nicht teil, weil sie sich auf ihre Ausbildung konzentrieren sollen. Um auch sie zu motivieren und zu unterstützen, schenkt Flaig jedem von ihnen ein dds-Abo. So können sie dds nicht nur im Pausenraum, sondern auch zuhause lesen.


dds-Redakteur Georg Molinski besuchte die Schreinerei Flaig und sprach mit Geschäftsführer Hubert Flaig und seiner Frau und Personalleiterin Waltraud Flaig. Ihren Mitarbeitern bieten sie attraktive Konditionen und sind damit erfolgreich.


Steckbrief

Die Schreinerei Flaig mit Sitz in Hardt bei Rottweil ist auf den Innenausbau spezialisiert und beschäftigt 75 Mitarbeiter.
www.flaig-schreinerei.de

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