Ausbildung
Skulptur oder Möbel
Simon Schacht verwandelt alte Balken zu einem Heimarbeitsplatz. Rechtfertigt die begrenzte Nutzbarkeit des wie ein Balkenbündel wirkenden Stückes den handwerklichen Aufwand? Axel Müller-Schöll hat sich mit dem ambivalenten Meisterstück befasst.
Prof. Axel Müller-Schöll Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle
Hundertfünfzig Jahre alten Holzbalken ein zweites Leben zu gewähren und deren gereifte Aura als Stimmungsimpuls für den Menschen zu nutzen, das ist eine wunderbare Idee! Auch ohne jegliches formales Hinzutun, alleine durch deren Präsenz, würden Sie für eine exklusive Anmutung sorgen – könnten sie aus ihrem Leben erzählen, man müsste sich viel Zeit nehmen. Dass sich dieser Eichenholzstapel auch gelegentlich nutzbar machen könnte, als Anrichte (Seitentisch), Theke oder Ähnliches, dem stünde nichts entgegen. Und auch die Entscheidung, diese charismatische Hölzer auf ein Gestell aus unveredeltem Stahl zu legen, kommt dem Charakter des Ensembles ohne Frage entgegen. Die dazu notwendige Ausbildung der Verbindungsdetails ist entwerferisch keine einfache Sache – da dabei ein gestalterischer Ausdruck zu erzeugen ist, der sich mit der Wohnumgebung elegant, aber nicht überheblich arrangiert und gleichsam eine korrekte Transformation der Fügungsprinzipien gelingt, wie sie die Zimmerleute pflegen. Ob sich dies alles dann noch mit dem Reglement einer Meisterprüfung der Tischler und Schreiner vereinbaren lässt, das steht auf einem anderen Blatt.
Anderseits: kann dies den Aufwand rechtfertigen, bestehende Balken (optisch) auszuhöhlen, um einen vergleichsweise bescheidenen Stauraum mit eingekastelter Schreibfläche zu schaffen? Ein einladender Heimbüroplatz sieht anders aus – aber darum ging es hier ja eigentlich auch gar nicht! In der Vermutung, dass dieses Möbel in seinen nächsten 150 Lebensjahren überwiegend geschlossen bleiben wird, kommen dann doch dessen Primärqualitäten zum Tragen: eine Wohnskulptur, die die Faszination eines langen Lebenszykluses fantasievoll inszeniert.
Teilen: