Mobiler Drehwuchs

Peter Litzlbauer

Auf den ersten Blick erschließt sich das Meisterstück von Franz Bader dem Betrachter nicht vollständig. Vier einfache „Kisten“ stapeln sich scheinbar schwebend übereinander. Flacheisen ragen als Griffe heraus und eröffnen ein ausgeklügeltes Innenleben mit dem Nutzungsanspruch, hier die wichtigsten Büroutensilien unterzubringen.

Die handwerkliche Ausführung des „Büroassistenzmöbels“ ist meisterhaft. Alle Verbindungen sind auf Gehrung hergestellt. Die Kanten sind durch einen feinen Falz hervorgehoben und erheben die einfachen Kisten zu Designobjekten. An den vertikalen Flächen verläuft das Furnier horizontal. Die Oberseiten sind durch die Kreuzfuge im Furnierbild hervorgehoben. Das statisch korrekte Aufeinandertürmen der vier Kisten gibt dem Ensemble ein in sich ruhendes Erscheinungsbild.

Durch einen weiterentwickelten Drehmechanismus gerät das Möbel in Bewegung, es scheint zu tanzen. Dank dieser Drehbewegungen kann das Stück von vielen Seiten benützt werden. Der „Assistent“ wird zum eigenständigen Möbel, das durch seine Höhe auch als Steharbeitsplatz Verwendung findet.

Interessanterweise benutzt Bader in Anlehnung an Möbeldesign der 70-er und 80-er Jahre ein Architekturzitat in der Gestaltung seines Möbels: Die Nähe zur Stufenpyramide (oder zum Turmbau zu Babel … ) ist erkennbar.

Beim ersten Betrachten des Möbels wünscht man sich eine stärkere Betonung der Abstufung. Je länger man es betrachtet, um so mehr spürt man jedoch in dieser feinen Abstufung eine noble Haltung, die im Erscheinungsbild nur durch die hellen Furnierstreifen an den Rändern der einzelnen Kisten getrübt wird. Die einzelnen Elemente verlieren dadurch an Trennschärfe und die schwebende Wirkung der Kisten wird abgeschwächt. Auch sichtbare Bänder erscheinen mir hier fehl am Platz.

Das Möbel strahlt mit seinen zwei Gesichtern Ruhe und Lebendigkeit aus. Ein bemerkenswertes Meisterstück!