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Meisterstück Barschrank von Martin Glatzeder

Meisterstück Barschrank von Martin Glatzeder
Wenig spezifiziert

Das Meisterstück von Martin Glatzeder ist als Aufbewahrungsmöbel im Retrostil konzipiert. Nur Glasaufhängung und Flaschenablage deuten auf die Nutzung als Barschrank hin.

Das Möbel ist bis in die Details hinein sorgfältig nach Regeln des traditionellen Schreinerhandwerks ausgeführt. Kulissenauszüge in Eiche sind präzise in die Korpusseiten eingesetzt und im Einklang mit dem Furnierbild schlagen die Fronten der Türen und der Schubkästen entweder stumpf oder auf Gehrung auf. Das klare Fugenbild lässt ein feines Gespür erkennen, Flächen aufzuteilen und abzugrenzen.

Der gestalterische Ansatz setzt bewusst auf eine retrospektive Rückschau in die 50er- und 60er-Jahre. Typische Merkmale dieser Zeit sind klar erkennbar. Aufbauend auf dem Fußgestell im Stollenbau mit sich verjüngenden Füßen sind die horizontal furnierten Korpusteile von in Räuchereiche abgesetzten Böden eingespannt.

Der linke Korpus erschließt sich über Eck mit einer Winkeltür, rechts sind fünf Schubkästen seitlich auf Kulissen geführt. Darüber liegt ein offenes Fach, das verwendet werden soll, um »Kleinmaterial kurzzeitig abzulegen oder Weine auszuschenken«. Die sehr dünnen und glatt ausgeführten Griffleisten sind als grafische Zeichen zu deuten. Sie könnten bei vollem Schubkastengewicht in der Praxis Probleme bereiten, da sie sich schwer greifen lassen.

Je länger ich das Meisterstück von Martin Glatzeder unter seinem Titel »Barschrank« betrachte, umso mehr vermisse ich einen spezifischen gestalterischen Impuls in dieser Richtung: Nur Gläserbrett und Flaschenauflagen im Inneren deuten auf die beabsichtigte Nutzung als Barschrank hin. Inhaltlich bietet das Thema immens viele Ausdrucksmöglichkeiten für ein besonderes Möbel durch Funktionsvielfalt und Materialwahl.

So könnte die funktionale Einbindung von Glas, Spiegel, HPL, Linoleum, Lack, eventuell auch durch gezielte Farbakzente und indirektes Licht bereichernd sein. Selbstredend gibt es hier auch Beispiele, die über das Ziel hinausschießen. Doch das »prickelnde Etwas« eines Barschrankes und das Zelebrieren der für eine Hausbar so typischen Eigenschaften darf bei dieser Möbelgattung eigentlich nicht fehlen.

Ich sehe in dem Meisterstück von Martin Glatzeder ein handwerklich sehr gelungenes Möbelstück mit gestalterisch ausbaufähigem Potenzial. Grundsätzlich kann eine tiefe thematische Auseinandersetzung zu Beginn jedes Möbelentwurfs die Erwartungshaltung des Entwerfers selbst für ein Möbel steigern, das sich funktional und gestalterisch noch erkennbarer in der Gegenwart verortet.


Prof. Peter Litzelbauer, Architekt, Innenarchitekt und Tischlermeister, hat bis Sommer 2017 Grundlagen des Konstruierens/Raum, Möbel, Material an der Staatl. Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart gelehrt.


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