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Möbel zitieren Häuser - dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau

Meisterstücke
Möbel zitieren Häuser

Axel Müller-Schöll sieht das Meisterstück von Christian Heinchen als modernen Vertreter der Fassadenschränke, einer Möbelbautradition aus dem 15. Jahrhundert.

In der frühen Renaissance stellte man sich vor, dass eine Wohnung nichts anderes sei, als eine miniaturisierte Stadt mit ihren öffentlicheren und privateren Orten. Die »Piazza« bildete der Salon: die Schränke zitierten exponierte Gebäude einer Stadt, daher trugen deren Fronten die Züge von Fassaden. Inzwischen hat sich das Aussehen der Stadthäuser fundamental verändert. Zwar kann man die Ikonen der Renaissance noch hier und dort in den Altstädten bewundern, zum Beispiel in Florenz, doch spätestens

seit der Moderne mit der Erfindung des Stahlbetons wird anders konstruiert. Dies prägt entsprechend die Fassaden der Gegenwartsarchitektur. Will man diese auf Möbel übertragen, so bedarf es entsprechender Transformationen! Das scheint mir vor dem Hintergrund dieser langen abendländischen Tradition bei diesem Möbelstück ausgesprochen gut gelungen – in Manhattan oder Frankfurt sind ihm die schönsten Hochhäuser im Duktus seelenverwandt. Mit einer zarten Fuge auf der Vorderseite blitzt nicht nur etwas vom lebendigen Interieur nach außen, sondern sie bringt auch gekonnt Maßstäblichkeit in den Entwurf. Meisterlich! Mir stellte sich allerdings die Frage, ob der Nutzen als Musikschrank mit CD-Fächern noch ganz auf der Höhe der Zeit ist – heute, wo Musik auf Datenträgern gespeichert oder nur noch gestreamt wird, bräuchte man vielleicht eher mehr Parkflächen, um Eingabe- oder Speichergeräte abzustellen und zu laden, vielleicht auch einen Monitor, um den Bestand zu verwalten oder die dazugehörigen Musikvideos zu genießen. Doch wie gut dieses Möbel am Ende ist, das zeigt sich schon darin, dass solche Überlegungen völlig problemlos auch im Nachhinein noch in das eindrucksvolle Gehäuse implantiert werden können. Ein richtiges Gebäude eben!

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Prof. Axel Müller-Schöll lehrt an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle Innenarchitektur und Ausbaukonstruktion. dds und dem Tischlerhandwerk ist er seit vielen Jahren beratend und als Autor verbunden.
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