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Meisterstück von Leo Stiegler: Schrank in Tanne und blauem Linoleum.

Ausbildung Meisterstücke
Vor nachtblauem Himmel

Leo Stiegler ist ein ausdrucksstarkes Meisterstück in Tanne und blauem Linoleum gelungen, das den Kreis als geometrisches Motiv in den Mittelpunkt stellt.

Der Kreis im Rechteck, schwebend auf einem dünnen Gestell, der Kontrast von blauem Linoleum zu massiver Tanne mit wellenförmiger Oberfläche – das zauberhafte Möbel erinnert mich an chinesische Möbel, die ich in Peking in der Wohnung des heute im Exil lebenden Künstlers Ai Weiwei gesehen habe: Sie standen auf schweren hölzernen Füßen, doch die Proportionen waren ähnlich, der Kreis symbolisch und ausdrucksstark. Leo Stiegler assoziiert den hellen Kreis weiß geölter Tanne auf blauem Grund mit dem Vollmond vor nachtblauem Himmel. Das Tannenholz in seinem charakteristischen Früh– und Spätholz ist so geschickt zusammengestellt und gefräst, dass die Wellenbewegung von dunkel zu hell übergeht: Jeder Blickwinkel ergibt ein neues Licht- und Schattenbild. Diese sorgfältige Bearbeitung ist faszinierend für das Auge und auch für die Haptik! Der Tannenholzkreis wird mit einer ringsum laufenden Feder in der Nut der halb ausgeschnittenen Koffertürrahmen gehalten. Das erscheint mir mutig und auch riskant: Nicht nur das Schwundverhalten, auch Verkrümmungen sind zu bedenken, dann schließen die Türen nicht mehr akkurat. Das Möbel sollte an seinem Standort daher keinen großen Klimaschwankungen ausgesetzt sein. Zum Öffnen der Türen wird an der Oberseite jeweils ein runder Knopf aus Tanne gedrückt. Er entriegelt die Türe und gibt eine Griffmulde frei. Auch zum Schließen sollte immer nur das Linoleum angefasst werden, um das Tannenholz zu schützen. Gelungen liegen die Schubladen in der Achse des Schrankes. Die Zentrierung wird verstärkt durch gedrechselte Griffmuscheln, die optisch die beiden Halbkreise der geöffneten Türen verbinden. Die Schubladen sind mit Linoleum belegt und verdeckt unterflur geführt, die Koffertüren mit traditionellen Lappenbändern in Messing angeschlagen. Das Möbel ist nur 40 cm tief und das Fußgestell noch weniger tief, weil es hinter die Koffertüre versetzt ist, sodass achtgegeben werden muss, dass die ausladenden Türen beim Öffnen den Schrank nicht zum Kippen bringen. Alternativ wäre auch ein Gestell aus zwei aufrechten Metallplatten denkbar, die über den Korpus hinaus geführt werden und im Bereich der Türen ausgesetzt sind.


Ursula Maier, Stuttgart, Maître Ébéniste und
Innenarchitektin BDIA. Die Unternehmerin hat
ihren Betrieb um ein Einrichtungshaus sowie ein Büro für Innenarchitektur erweitert und 2007
an die vierte Generation übergeben.

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