Geheimnisträger - dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau

Prof. Peter Litzlbauer, Staatl. Akademie der bildenden Künste Stuttgart, Fachbereich Architektur und Design

Die Stele ist ein architektonisches Bauteil, das immer auf etwas Besonderes hinweist – hier auf einen würfelartigen Aufsatz, der sich in dem Materialwechsel von weißem Lack zu Palisanderholz abhebt. Typisch für eine Stele ist das Verhältnis des kleinen Grundrisses zur Höhe. Sie wird durch grafisch wirkende, nach oben kleiner werdende Umklammerungen im Sockel zusätzlich gesteigert. Die Gliederung der Linien scheint Regeln zu folgen, die sich dem Betrachter nicht ganz erschließen. Warum ist die Höhe des Würfels nicht mindestens gleich den Seitenlängen? So wirkt für den nach unten gerichteten Blick der Aufsatz gestaucht. Nicht ganz verständlich ist auch die Kombination von Nussbaum und Palisander. Warum nicht nur mit Palisander arbeiten?

Wie ein Schatzkästchen bewahrt der Aufsatz das Geheimnis seines Inhalts. Nur der Eingeweihte kennt den Weg in das Innere. Erst durch Drehen, Schieben und Heben von raffiniert angeordneten mechanischen Verschlüssen öffnen sich Schritt für Schritt die kleinen Aufbewahrungskammern. Man wird an die großen Meister Abraham und David Roentgen erinnert, die Ende des 18. Jahrhunderts Möbel mit »mechanischen Spielereien« entwickelten und damit Fürstenhäuser begeisterten. Benjamin Koenen lässt mit seinem Meisterstück diese Begeisterung wieder aufleben. Die hervorragende Ausführung unterstreicht den Ansatz, ein schlichtes, aber raffiniertes Möbel zu gestalten. Nur als Unikat behält dieses Meisterstück seinen Charme und bleibt für den Benutzer wertvoll, sowohl in der Gestaltung als auch im Inhalt.

»Dieses Möbel bezaubert durch das Verbergen seines Inhalts und dessen geheimnisvoller Zugänglichkeit.«

Peter Litzlbauer