Freude an der Funktion - dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau

Der Gestalter und Mitbegründer der Hochschule für Gestaltung in Ulm, Otto Aicher (1922-1991), schreibt in seinem 1982 erschienenen Buch »Die Küche zum Kochen« den oft zitierten Satz: »Der Adel einer Küche liegt nicht in ihrer Aufgeräumtheit, sondern in ihrer Verfügbarkeit.« Ein Angriff auf das zwanghafte Ideal weggepackter Arbeitsgeräte in der steril anmutenden Einbauküche. Patrick Heinrich beruft sich auf Otto Aicher in dem Anliegen, alle benötigten Arbeitsutensilien schnell verfügbar bereitzuhalten. Von außen betrachtet genügt sein Schreibtisch aber dem Ideal maximaler Aufgeräumtheit: Vor dem Zugriff auf Stifte, Papier etc. liegt immer ein Öffnungsvorgang. Ein Widerspruch? In der Stückbeschreibung heißt es: »Der Benutzer soll von seinem Sitzplatz aus alles erreichen können. Alle Gegenstände sollen ihren festen, logisch angeordneten Platz innerhalb des Möbels haben und zugleich schnell und unkompliziert zu erreichen sein. Die Schreibtischfläche soll frei bleiben und stets eine aufgeräumte Oberfläche für die Arbeit bieten.« Aufgeräumtheit wird in diesem Kontext als Kriterium der Gebrauchstüchtigkeit verstanden, nicht als ihr Gegenteil. Und wie verhält sich das in der Küche? Es ist offensichtlich gar nicht einfach, einer gestalterischen Maxime zu folgen, die man nicht selbst formuliert hat … und noch schwieriger, diese ohne Sinnverschiebung aus ihrem ursprünglichen Kontext zu lösen.

Ungeachtet dieser Spitzfindigkeiten ist Patrick Heinrich ein beeindruckendes Gesellenstück gelungen: Eigenwillig in der Formensprache, konsequent in der Auswahl der Materialien. »Erfahrbarkeit und Spaß an der Funktion ist ein Punkt, auf den ich bei der Gestaltung meiner Möbel bisher Wert legte.« Genau dafür steht dieses Gesellenstück. JN