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Mehrheit oder Konsens?

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Mehrheit oder Konsens?

Im Oktober 2009 hat der Landesfachverband Schreinerhandwerk Baden-Württemberg im Wettbewerb »Gestaltete Gesellenstücke« die auf Innungsebene prämierten Arbeiten im Schloss Ludwigsburg ausgestellt. Fünf Juroren haben die Landessieger ermittelt. Eine schöne, aber keine leichte Aufgabe.

Wer die Ausstellung im Schloss Ludwigsburg gesehen hat, ist Zeuge geworden, wie stimmig 44 herausragende Gesellenstücke auf kleiner Fläche miteinander auskommen können. Sie korrespondieren nicht nur mit dem Betrachter sondern treten auch in Wechselwirkung miteinander. Jedes hat bereits auf Innungsebene gepunktet und befindet sich in bester Gesellschaft. Möbel sind illustre Persönlichkeiten: Es gibt laute und leise, raumgreifende und solche, die kaum eine Spur hinterlassen, wenn man sich nicht die Mühe macht, ihnen aufmerksam zu begegnen. Für die Jury ist eine derart trefflich komponierte Ausstellung ein Geschenk und ein Vorbild. Ähnlich wie ein Kurator hat sie die schwierige Aufgabe zu lösen, aus verschiedenen Persönlichkeiten ein Ganzes zu bilden. Abstimmen ist Silber, Konsens Gold. Der verlangt allen Juroren ein gewisses Maß an Selbstlosigkeit ab. Am Anfang der Jury stehen subjektive Urteile nebeneinander, eines davon ist das eigene. Jeder betrachtet die Stücke, erkennt seine Favoriten. In der zweiten Runde wird es spannend: Bewerten die Kollegen gestalterische Qualität ähnlich oder anders? Und wie geht man mit den verschiedenen Meinungen um? Bequem ist eine zügige Mehrheitsentscheidung: Weil die Jury nicht so lange dauert und weil jedem vermeintlich klar ist, wer das Rennen machen soll. Das bedeutet aber, dass man darauf verzichtet, abweichende Standpunkte zu diskutieren. Gerade das ist jedoch Sinn der Veranstaltung. Jede Jury bietet die Chance, im gemeinsamen Bemühen, aus Freude und Interesse an der anderen Ansicht und aus Respekt Mitjuroren und Ausstellern gegenüber, das persönliche Ersturteil zugunsten eines Ergebnisses zurückzustellen, das darüber hinauswachsen kann. Jede Jury, die für diesen Prozess zu wenig Geduld aufbringt, kann Mehrheiten bilden, aber keinen Konsens. Sie ist in diesem Sinne ein soziales Experiment, das gelingen oder scheitern kann. JN


»Jede Jury ist ein soziales Experiment, das gelingen oder scheitern kann.« Johannes Niestrath, Redakteur dds
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