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Im Süden nichts Neues - dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau

Gesellenstücke
Im Süden nichts Neues

Zum Landeswettbewerb »Gestaltete Gesellenstücke« zeigten über 40 Gesellinnen und Gesellen aus Baden-Württemberg im November 2012 ihre Arbeiten. Die Jury lobte das allgemein gute Niveau, vermisste aber gestalterische Eigenständigkeit.

Dipl.-Designer Martin Schwer, www.schwer-formgebung.de

Wurde früher bei manch einem werdenden Schreiner eher ein Informationsdefizit in Sachen Trends und Mode vermutet, so scheinen heute alle wohl informiert zu sein: Die große Vielfalt, ein bewährtes Repertoire im Bereich der Materialien, Farben und der technischen Details, professionell konstruiert und variiert – was will man mehr? Ja, mehr will man irgendwie auch gar nicht, eher weniger, Anderes und Neues! Man wird den Verdacht nicht los, dass heute alle aus den gleichen Quellen schöpfen. Das Internet mit seinen ausgefeilten Suchmaschinen liefert auf Knopfdruck, was früher nur mühsam zu finden war: tausende Gesellenstücke, neueste Techniktrends, Bezugsquellen für alle noch so ausgefallene Wünsche. Wir haben Zugriff auf einen riesigen Pool von Möglichkeiten – aber eben alle auf den gleichen. Die scheinbar totale Vielfalt wird so schnell zur endlosen Variantenbildung. Freiheit des Wählens ist eben noch lange kein Garant für die eigene Urheberschaft. Wie erfrischend kann ein Fließgewässer im Vergleich zum noch so perfekten Swimmingpool sein? Wo sind unsere frischen Quellen, unsere echte Inspiration, unsere eigene Fantasie? Ist es im Zeitalter von App und Smartphone vielleicht schon naiv, an die eigene Urheberschaft zu glauben? Kann es überhaupt noch Eigenes geben?
Die gezeigten Arbeiten sind perfekt, und das vielleicht auch, weil wir Juroren diesem Anspruch zu viel Raum verschafft haben. Die jungen Gesellen und Gesellinnen haben zum wiederholten Mal gezeigt, dass sie die Möglichkeiten der modernen Informationsgesellschaft zu nutzen wissen. Sie haben Defizite von früher eindrucksvoll abgebaut, sie sind marktkompatibel. Müssen sie das in so jungen Jahren schon sein?
Phantasie entsteht dort, wo Dinge nicht perfekt sind, wo Lücken sichtbar werden, wo Freiräume erst durch offene Fragen entstehen. Wir sollten diesen Mut zur unbeantworteten Frage in der Zukunft wieder stärker belohnen und zum Experiment animieren. Nur dann können wir wieder auf Überraschungen stoßen und auf Neues hoffen. Fassen wir uns ruhig auch mal an die eigene Nase: Haben nicht auch wir als die etablierten Betriebe dieses Ideal längst aus den Augen verloren? Unter dem Diktat von Optimierung und Effizienz sind wir doch ebenso stromlinienförmig geworden! Die Industrie leistet sich Trendscouts und Zukunftsforscher und investiert große Summen dafür. Das können wir nicht. Wir können aber darauf achten, dass ein experimentierfreudiges Klima gefördert wird, welches Lust auf Eigenes, Neues weckt und fördert. So wird der Ball an uns zurückgespielt – denn hinter jedem Gesellenstück steht auch ein betreuender Schreiner!
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