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Holz in Bewegung

Gesellenstück Säulenmöbel
Holz in Bewegung

Mit analogen Maschinen hat Jonas Heise in seinem Ausbildungsbetrieb Reichenberg Weiss ein hochpräzises, kinematisches Möbelstück aus Oregon Pine und Richlite gefertigt.

Reststücke aus der Gartenmöbelproduktion aus besäumter Oregon Pine (Halbrift 78 mm) fallen bei Reichenberg Weiss palettenweise an. Für den aus feinen Lamellen gefügten Mantel seines Gesellenstücks hat Jonas Heise daraus an Kreissäge, Abrichte und Dickte 2 mm dünne Leisten in 10 und 38 mm Breite gefertigt. Zur Formfindung hat er Kraftpapier mit im Wechsel schmal und breit aufgeleimten Leisten um verschieden geformte Schablonen gelegt: Niere, Oval, Dreieck, Kreis. Als eine ovale Grundform für das Gesellenstück gefunden war, wurde die Gesamthöhe festgelegt und die Teilung mit Klebeband simuliert. Alle Segmente sind letztlich unterschiedlich hoch und durch 3 mm Fugen getrennt.

Im Original ist dieser Leistenmantel aber nicht durch einen aufgeleimten Rücken verbunden, sondern durch einen Ring aus Polymerkleber, der in einer mit der Oberfräse gefrästen Nut in die Leisten eingebracht ist. Dazu hat Jonas eine Schablone für den kompletten Mantel angefertigt, auf der alle Leisten im Wechsel von schmal und breit in kompletter Höhe gespannt sind und rückseitig gefräst werden können. Der Polymerkleber Rotabond 2000 wurde auf der Schablone in die Nuten gespritzt und der Überstand nach dem Aushärten mit einer Klinge abgeschnitten. In die Nuten wurden zuvor zwei Fäden eingelegt und vorgespannt, um den elastischen Ring zu verstärken. Auf der Langbandschleifmaschine hat Jonas den Mantel in der Schablone an der Innenseite geschliffen und auf dem Wagen der Formatkreissäge aufgeschnitten. Das Kopfholz wurde noch auf dem Schablonensegment an der Langband mit 180er-Korn geschliffen, dann von Hand bis 320er-Korn. Fäden werden verknotet und die Stirnflächen des Polymers verklebt, um die Segmente zu schließen.

Die Multiplexböden sind mit dem Werkstoff Richlite aus Kraftpapier und Phenolharz belegt. Die Leistenmäntel liegen auf dem Überstand auf; durch ihre Elastizität legen sie sich präzise um die Böden herum. Ein Thema für sich war die vertikale Welle, an der die Etagen drehbar gelagert sind: Wie die Proportion des ganzen Möbels wurde auch der optimale Drehpunkt durch Versuche ermittelt. Die Mitte erwies sich als zu langweilig. Eine schwere Grundplatte aus Stahl macht es möglich, die Welle an den Rand zu setzen, ohne den Stand des Möbels bei ausgedrehten Ebenen zu gefährden. Die 40er-Welle wurde mit Kunststoffgleitlagern fertig geliefert. Nun galt es, ein präzises Stahlrohr als Führung zu finden und mit ringförmigen Flanschen für die Montage auf den Böden zu versehen. Um die Welle präzise auf der warm gewalzten Stahlplatte ausrichten zu können, musste diese nachgedreht werden.

Die zylindrische Lade des oberen Segments ist aus drei konzentrisch ineinander liegenden Furnierlagen gezinkt, wobei die mittlere einspringt und eine Fuge aus Polymerkleber als Kontrastlage zeigt. Die langen Schwalben und Zinken sind in einer Schablone mit einem angeschliffenen Hobelmesser geschnitten und auch stirnseitig verleimt. Mit einer Vorrichtung, die mit geteiltem Rundkern nach außen drückt und mit Stahlbändern von außen spannt, lassen sich die drei Lagen zu einem Zylinder verleimen. Die fertige Lade wird im Unterboden des oberen Segments so in einer Nut geführt, dass sie von innen punktuell an den Mantel aus elastisch verbundenen Lamellen drückt und diesen in Bewegung versetzt. Die Lamellen sind außen lackiert und auf der Innenseite naturbelassen. Um die leichte Anfeuerung des Naturholzeffektlackes auszugleichen, wurde in kleinster Menge Weiß und Rot beigemischt. Das Ausnahmegesellenstück ist eine Spitzenleistung im Tischlerhandwerk. –JN

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