Gesellenstücke
Drunter und drüber
Tische und Sekretäre sind in ihrer Gestalt maßgeblich durch die Verteilung des Stauraums bestimmt. Reiches Anschauungsmaterial für unterschiedliche Lösungen lieferte der Wettbewerb »Gestaltete Gesellenstücke« in Baden-Württemberg.
Der Stauraum ist für Sekretäre die Hauptsache und für Tische mehr als eine Nebensache: Definiert er doch den Typus eines Möbels viel stärker, als das Material oder die Grundkonstruktion. Jeder kennt die wie Satteltaschen anmutenden Schreibtische, bei denen meist würfelförmige Korpuselemente mit Tür den flachen, breiten Schubkasten unter der Platte flankieren. Ein Klassiker, funktional bewährt und formal unendlich oft wiederholt und variiert.
Wandert der Stauraum nach oben, entsteht eine zum flachen Korpus verdickte Tischplatte, die ein tragfähiges Gestell erfordert, soll sie statisch und optisch überzeugen. Ballt sich der Stauraum nur an einem Punkt zusammen, entsteht das Konzept des Containers mit angehängter Platte. Ganz in die Leichte gehoben, erweitert aufgesetzter Stauraum einen Tisch zum Sekretär. Ergreift aber das Prinzip Stauraum Besitz vom ganzen Möbel, entstehen die voluminösen Sekretäre als umbauter Raum.
Aus den klassischen Möbelformen lassen sich Extreme ableiten: Die zum Korpus erweiterte Platte eines Schreibtisches weist in diese Richtung, der in isolierte Volumen aufgelöste Stauraum, einzeln an Gurten unter der Tischplatte hängend, ebenso.
Diese formalen Grenzexperimente sind für die Gestaltfindung unendlich wertvoll; aus ihnen kann die Idee eines Möbels neu geboren werden, anstatt unreflektiert den alten Vorbildern zu folgen. –JN
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