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Die Neue kommt

Ausbildung
Die Neue kommt

Im August 2006 soll die neue Ausbildungsordnung für das Tischler- und Schreinerhandwerk in Kraft treten. Wolfgang Heer mit Einzelheiten.

Wolfgang Heer

Die Neuordnung der Berufsausbildung ist notwendig, weil die geltende Bestehensregelung zu sehr viel Verdruss geführt hat. Zudem wurde die Novellierung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit dringend gefordert.
Der Wandel zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft bringt es mit sich, dass Arbeitsinhalte, -prozesse und -strukturen angepasst werden müssen. Von den Gesellen im Tischler- und Schreinerhandwerk wird erwartet, dass sie mit eigenverantwortlichem Denken und Handeln zum unternehmerischen Erfolg beitragen. Voraussetzung hierfür ist ein modernes Bildungskonzept, das die auftragsorientierte Ausbildung noch stärker in den Mittelpunkt stellt.
Neben der Neuausrichtung und der »technikoffenen« Formulierung der Ausbildungsinhalte sind in die Verordnung viele Neuerungen eingebracht worden. Sie stellen oft einen Kompromiss dar oder gehen auf Vorgaben der Ministerien bzw. des Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung zurück. Zum Beispiel forderte die ministerielle Seite die Kürzung aller Prüfungszeiten, um die Kosten der Prüfungen zu reduzieren. Die Zeit für das Gesellenstück stand hier ebenso zur Disposition wie die für die Arbeitsproben. Der BHKH konnte sich aber erfolgreich gegen einschneidende Kürzungen wehren.
Und das ändert sich
Die Bezeichnungen »Gesellenstück« und »Arbeitsprobe« sind Vergangenheit. Sie heißen nach Vorgabe des Ministeriums künftig »Arbeitsaufgabe 1 und 2«.
Neu ist insbesondere das so genannte Fachgespräch, das als Bestandteil der Zwischen- und Gesellenprüfung aus mehreren zeitlich versetzten Gesprächsphasen bestehen kann. Innungen mit einer hohen Anzahl von Prüflingen stünden ansonsten vor unlösbaren Aufgaben. Bei der Zwischenprüfung muss das Fachgespräch während der Arbeitsaufgabe I (Arbeitsprobe) durchgeführt werden. Die Kommission wird folglich das Fachgespräch (ggf. in Gesprächsphasen geteilt) in die Arbeitstätigkeit des Prüflings einbinden müssen.
In der Gesellenprüfung ist das Fachgespräch Bestandteil der Arbeitsaufgabe II (Gesellenstück). Es kann ebenfalls in Phasen aufgeteilt werden (z.B. nach der Genehmigung, beim Besuch des Schaumeisters, bei der Abgabe). Insgesamt sind voraussichtlich 20 Minuten vorgesehen. Praktikable Umsetzungshilfen werden vom BHKH entwickelt.
Neue Bestehensregelung
Während bisher die Arbeitsprobe als Sperrfach gilt, wird dies bei den künftigen Arbeitsaufgaben nicht mehr der Fall sein. Somit kann ein »mangelhaft« in der Arbeitsprobe (Arbeitsaufgabe I) durch ein befriedigendes Gesellenstück (Arbeitsaufgabe II) ausgeglichen werden.
Die Prüfungsfächer der bisherigen Verordnung werden durch die folgenden Prüfungsbereiche ersetzt:
  • Gestaltung und Konstruktion
  • Planung und Fertigung
  • Montage und Service
  • Wirtschafts- und Sozialkunde
Hier wird es künftig kein Sperrfach mehr geben; alle Bereiche werden gleich gewichtet (bisher wird Technologie doppelt gezählt). Nach der aktuellen Ausbildungsordnung kann ein Prüfling mit »ungenügend« in einem Fach oder sogar im Gesellenstück die Gesellenprüfung bestehen. Selbst mit zwei »mangelhaft« in den Prüfungsfächern ist ein Bestehen der Gesellenprüfung möglich.
Künftig führt ein »ungenügend« in einem der Prüfungsteile (Theorie oder Praxis) zum Nichtbestehen der Prüfung, ebenso eine insgesamt nicht ausreichende Leistung. Ein Beispiel: Dreimal »ausreichend« und einmal »mangelhaft« ergibt im Durchschnitt die Note 4,25 – und damit ist der Prüfling durchgefallen. Wenn er hingegen das »mangelhaft« durch ein »befriedigend« ausgleichen kann, hat er bestanden.
Über weitere Details der neuen Ausbildungsordnung berichten wir, sobald diese rechtskräftig und im Bundesanzeiger veröffentlicht ist (vgl. Kasten).

Wie entsteht eine neue Ausbildungsordnung?
Arbeitgeber, Gewerkschaften, Bund und Länder verhandeln an einem Tisch.
Quelle: BIBB
Die Erarbeitung oder die Modernisierung einer Ausbildungsordnung und ihre Abstimmung mit den Rahmenlehrplänen der Länder erfolgen in einem mehrstufigen Verfahren, in das alle an der beruflichen Bildung Beteiligten maßgeblich einbezogen sind.
Die Neuordnung von Ausbildungsberufen im dualen System auf der Grundlage des Berufs- bildungsgesetzes und der Handwerksordnung setzt den entsprechenden Qualifikationsbedarf der Wirtschaft voraus. In einem Antragsgespräch – in der Regel beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit – werden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie im Konsens mit den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer die bildungspolitischen Eckwerte festgelegt. Sie bilden die Grundlage für den Entwurf der Ausbildungsordnung und deren Abstimmung mit dem Rahmenlehrplan des Sekretariats der Konferenz der Kultusminister.
Der Entwurf der Ausbildungsordnung (für den betrieblichen Teil der Ausbildung) wird grundsätzlich unter Federführung des Bundesinstituts für Berufsbildung in Zusammenarbeit mit Sachverständigen erarbeitet, die von den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer benannt werden. Die von den Kultusminis- terien benannten Sachverständigen der Länder entwickeln den Entwurf des Rahmenlehrplans (für den schulischen Teil der Ausbildung). Die gegenseitige Teilnahme an den Sitzungen der Sachverständigen ermöglicht die inhaltliche und zeitliche Abstimmung der beiden Entwürfe.
Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wird die Ausbildungsordnung dann rechtskräftig. In der Regel treten neue Ausbildungsordnungen jeweils zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres in Kraft. Ausbildungsordnung, Rahmenlehrplan und Ausbildungsprofil werden im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Der Autor
Wolfgang Heer ist im Fach- verband Schreinerhandwerk Bayern zuständig für Berufsbildung und Produkttechnik. Fachverband Schreinerhandwerk Bayern 81377 München Tel.: (089) 545828-29, Fax: -27 www.schreiner.de
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