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Spezialist oder Generalist?

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Spezialist oder Generalist?

Wohin bewegt sich das Tischler- und Schreinerhandwerk? Worauf stellen sich die Maschinenhersteller ein? Dr. Bernhard Dirr vom VDMA gibt Antworten.

Ist es in Anbetracht des zunehmenden Zulieferangebots für den normalen Tischler und Schreiner überhaupt noch sinnvoll, in moderne Plattenverarbeitungsmaschinen zu investieren?

Es gibt sicherlich den einen oder anderen Betrieb, für den sich beispielsweise ein BAZ nicht rentiert. Da ist der Zukauf vom Zulieferer sicherlich die wirtschaftlich richtige Entscheidung. Im Sinne einer hohen Flexibilität, einer schnellen Lieferbereitschaft und des Im-Griff-Habens der Prozesse sollte meines Erachtens ein Betrieb mit mindestens fünf bis zehn Mann schon alle Grundtechniken beherrschen. Die würde ich nicht aus der Hand geben. Letztlich stellt sich auch die Frage, ob der Tischler und Schreiner bereit ist, auf die Wertschöpfung zu verzichten und diese anderen zu überlassen.
Worauf stellen sich die Maschinenhersteller ein, auf den Spezialisten oder den Generalisten?
Vom technologischen Standpunkt aus ganz klar, auf den Spezialisten. Er braucht hocheffiziente Maschinen und fordert von unseren Ingenieuren und Entwicklern ständigen Vorsprung in der Produktionstechnik, und das absolut zuverlässig. Aber genau davon profitiert am Ende jeder – auch der Generalist –, der auf Standardmaschinen setzt. Es liegt ja auf der Hand, dass diese Entwicklungen hier genauso Einzug halten, soweit es sinnvoll ist.
Was sind die Stärken des deutschen Tischler- und Schreinerhandwerks, was die Schwächen?
Zu den Stärken gehört der hohe Ausbildungsstandard, der weltweit Maßstäbe setzt. Das gilt im Übrigen sehr ähnlich für den gesamten deutschsprachigen Raum. Die Schwächen sehe ich eher auf der betriebswirtschaftlichen Seite. Die Betriebe sind handwerklich sehr gut, im Business leider oft ungeschickt. Es hapert vor allem bei der Kommunikation mit dem Kunden. In der Schweiz sieht das anders aus. Dort ist der Gesamtqualitätsanspruch an die handwerkliche Leistung tief in der Gesellschaft verankert. Das haben sich die deutschen Handwerker meines Erachtens zum Teil selbst zuzuschreiben, weil sie ihre Leistungen und ihr Können zu wenig kommunizieren.
Welche Strategie empfehlen Sie den kleineren Betrieben?
Diese Frage kann ich nicht beantworten. Das hängt von den Gegebenheiten und Neigungen ab. Wichtig ist aber die Erkenntnis, dass eine Strategie nötig ist. Auf jedem Fall empfehle ich, nicht alles zu machen, was so anfällt, sondern einen Plan aufzustellen und sein Tun daran auszurichten.
Das hört sich sehr nach Spezialisierung an?
Das will ich so nicht sagen. Es gibt auch erfolgreiche Geschäftsmodelle, die auf Generalistentum beruhen. So ein Modell will aber auch genau durchdacht sein. Darf ich beispielsweise als Generalist einen riesigen Park an hochwertigen Maschinen unterhalten, die nicht ausgelastet sind, oder beschränke ich mich auf die Grundmaschinen und organisiere einen professionellen Zukauf von den Dingen, die für mich ohnehin keine attraktive Wertschöpfung in Aussicht stellen?
Haben die Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen die Krise überstanden?
Im Großen und Ganzen haben wir die Krise überstanden. Die Branche zeichnet jedoch ein uneinheitliches Bild. Insgesamt werden wir in diesem Jahr ein Umsatzplus von 18 Prozent erzielen. Trotzdem kann ich nicht ganz ausschließen, dass nicht doch noch der eine oder andere Hersteller noch ins Straucheln kommt. Bei den Maschinen für die sekundäre Holzverarbeitung erzielten wir im ersten Halbjahr einen Auftragszuwachs von fast 60 Prozent. Die aktuellen Impulse kamen bisher leider überwiegend von den Industriekunden und aus dem Ausland. Das Handwerk hinkt noch hinterher und zieht erst seit Mitte des Jahres wieder an. Die Handwerker waren jedoch in der Krise unsere stabilsten Kunden. Die Standardtischlereimaschinen bereiteten uns zuletzt die meisten Sorgen.
Worauf führen Sie die Probleme mit den Standardmaschinen zurück?
Das liegt vor allem an der Immobilienblase, von der sich die Bauwirtschaft in klassischen Zielmärkten wie Irland, Spanien oder USA immer noch nicht erholt hat, aber auch an der starken Konkurrenz unter den Maschinenherstellern.
Welche Rolle spielt für Sie das deutsche Handwerk?
Die Deutschen sind unsere anspruchsvollsten Kunden. Maschinen, die im deutschsprachigen Raum Akzeptanz finden, werden sich sicherlich erfolgreich weltweit vermarkten lassen. Wir sind froh, dass wir im deutschen Handwerk einen so wertvollen Partner haben, der uns mit hohem Sachverstand Antworten auf unsere Entwicklungen zurückspielt. Hier spielt auch die hervorragende Berufsausbildung eine entscheidende Rolle.
Das Interview führte dds-Redakteur Georg Molinski
»Der Generalist, der nur Generalist ist, weil er alles annimmt, ist zum Scheitern verurteilt!«
Dr. Bernhard Dirr, Geschäftsführer des Fachverbandes Holzbearbeitungs- maschinen im VDMA
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