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Rettung für die Originale

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Rettung für die Originale

Restaurieren heißt nicht, »wieder neu machen«, sagt Eckard Zurheide, Abteilungsleiter an der Akademie Schloss Raesfeld. Welche Herausforderungen das mit sich bringt, erläutert er in diesem Beitrag.

Nach wie vor übt der Beruf des Tischlers eine gewisse Faszination auf junge Menschen aus, die sich für den natürlichen Werkstoff Holz und seine sorgfältige Bearbeitung mit Handwerkzeugen begeistern können. Der Berufsalltag jedoch sieht häufig anders aus – auch im Tischlerhandwerk hat die heutige Markt- und Auftragssituation die Werkstatt und die zu verarbeitenden Werkstoffe nachhaltig verändert. Das Beherrschen der historischen Handwerkstechniken ist schon lange nicht mehr die unverzichtbare Basis für den wirtschaftlichen Erfolg eines Schreinerbetriebes – eher im Gegenteil: Zeitintensive handwerkliche Arbeit wird leicht zum Wettbewerbsnachteil!

Fast hätte der knapp eine Generation dauernde Wandel zu einer Konsumgesellschaft ausgereicht, um ausgeprägtes handwerkliches Können und Erfahrungen mit zum Teil jahrhundertealten Traditionen zu einer Randerscheinung werden zu lassen, die ihren Platz im »Museum der guten alten Zeit« findet. Hätte – wenn nicht gerade dieses Wissen benötigt würde für einen kleinen, wirtschaftlich jedoch sehr interessanten Markt: das Pflegen und Erhalten der von den Handwerkern vergangener Tage geschaffenen Bauten, Innenausstattungen und Möbel.
Die Tätigkeiten eines Schreiners in der Denkmalpflege und Restaurierung verbinden sich mit einer besonderen Verantwortung, denn bei einem Restaurierungsobjekt handelt es sich um ein unersetzliches Original. In jedem Fall stellen sich individuelle Aufgaben, die nicht einfach nach einem vorgegebenen Rezept zu lösen sind. Restaurieren heißt nicht, wieder neu machen! Grundkonsens für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit unter den Beteiligten ist, ein Maximum an originaler Substanz und somit größtmögliche Authentizität zu erhalten.
Eine Fortbildung darf sich folglich nicht ausschließlich auf Praxisseminare beschränken. Im Mittelpunkt steht immer das historische Objekt selbst; von Fachleuten wird erwartet, dass sie Merkmale und Befunde erkennen und diese Erkenntnisse nachvollziehbar dokumentieren. Vor diesem Hintergrund ist das Fort- und Weiterbildungsangebot im Handwerk für Denkmalpflege und Restaurierung zu sehen. Vor gut fünf Jahren haben einschlägige Einrichtungen auf der Messe Denkmal 2001 in Leipzig die Arbeitsgemeinschaft der Fortbildungszentren in der handwerklichen Denkmalpflege (ARGE) gegründet. (Ihre Mitglieder sowie detaillierte Informationen zu den einzelnen Fortbildungsangeboten findet man unter www.arge-handwerkdenkmalpflege.de).
Keine Universalrezepte
Aufbauend auf dem erlernten Handwerks- beruf, führen diese spezialisierten Institutionen eine Vielzahl von Kursen und Werkstattseminaren sowie berufsbegleitende Lehrgänge mit der Prüfung vor der Handwerkskammer durch: So wird z. B. an der Akademie Schloss Raesfeld der Studiengang »Restaurator im Tischlerhandwerk« mit 550 Unterrichtsstunden für Meister angeboten.
Ein »fachtheoretischer Teil« vermittelt dabei Ziele und Methoden des Restaurierens. Der »fachpraktische Teil« behandelt die historischen Arbeitsweisen des Tischlers, Techniken zur Schadensbehebung, Restaurierung und Konservierung. In einem »Projekt« setzt sich jeder Teilnehmer selbstständig mit einer Schadenssituation auseinander, erfasst und dokumentiert den Bestand und erarbeitet ein Restaurierungskonzept.
Die Fortbildung zum Restaurator im Tischlerhandwerk bietet eine gezielte Qualifizierung für berufliche Aufgaben in einem Markt, der sich – zum Teil erheblich – von den im modernen Baugeschehen üblichen fachlichen und unternehmerischen Anforderungen unterscheidet. Restaurierung umfasst weit mehr als die Pflege von Handwerkstraditionen und deren Anwendung am Denkmal. Eine Herausforderung ist insbesondere die praktische Tätigkeit im Bestand. Nicht das Universalrezept ist gefragt; vielmehr muss immer eine Lösung für den speziellen Einzelfall entwickelt und festgelegt werden.
In bester Handwerkstradition tragen die Restauratoren im Tischlerhandwerk zur Wertschätzung und Erhaltung der Leistungen ihrer beruflichen Vorfahren bei. Dies zeigen uns die Denkmäler selbst – wir brauchen nur mit offenen Augen hinzusehen. Eckard Zurheide
Akademie Schloss Raesfeld
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