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Raupe und Schmetterling

Neubau einer Kinderkrippe in Holzstapelbau mit perfekter Raumakustik
Raupe und Schmetterling

Fest in Kinderhand: Der halbrunde Massivholzbau der Waldorf-Kinderkrippe in Bad Aibling ergänzt den bestehenden Schulkomplex und begrenzt ihn zur Straße hin, sodass sich für die Krippen- und Schulkinder ein geschützter Innenhof ergibt.

Wie ein Kokon wölbt sich der fünf Meter hohe Holzbau über die Grundfläche der integrativen Krippe, in der zwölf Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren mit und ohne Handicap betreut werden. Tatsächlich ließ sich die Architektin durch das Kinderbuch „Die kleine Raupe Nimmersatt“ zu der tonnenförmigen Baukörperform inspirieren. Am Ende der Geschichte entfaltet sich die Raupe zu einem prachtvollen Schmetterling. Insgesamt fünf gebogene Leimbinder im Achsabstand von fünf Metern bilden die Tragkonstruktion. Jeder Bogen besteht aus zwei Halbbögen, die vorgefertigt auf die Baustelle transportiert und dort mit Passbolzen zusammengesetzt wurden. Für die gewünschte Form wurden 32 Holzlamellen auf jeweils einer Seite mit Leim versehen, hintereinander aufgestellt, mittels hydraulischem Flächendruck gebogen und verpresst und anschließend mit der CNC-Maschine zugeschnitten.

Holzbögen als Tragwerk

Außen auf die Bögen montierte Fichten-Brettstapelelemente bilden Dachkonstruktion und Innendecke zugleich. Damit die Holzelemente der vorgesehenen Rundung folgen können, wurden sie nur im unteren Drittel mit dem jeweils nächsten Element vernagelt. Hierfür arbeiteten zwei Firmen eng zusammen: Die ortsansässige Zimmerei Rottmüller bestimmte zunächst den optimalen Abstand der Nägel vom Rand, woraufhin die Holzbaufirma Wörndl die Elemente passgenau montieren konnte.

Eine besondere handwerkliche Herausforderung bestand darin, das Unterdach der gebogenen Konstruktion samt der hölzernen Kappleisten wasserführend auszubilden, denn durch das Auffächern der genagelten Brettstapelelemente bildeten sich kleine V-förmige Spalte auf der Oberseite. Die äußere Gebäudehülle schließlich besteht aus sibirischen Lärchenholzbrettern, die mit gerundeten Kanten vorgefertigt und dann auf Lücke mit einem Abstand von je 2 cm montiert wurden.

Stapelholz für gute Schallabsorption

Für die hohen Schallschutzanforderungen in den Innenräumen einer Kita bietet ein Holzbau grundsätzlich ideale Möglichkeiten, da die geforderten Schalldämmwerte mit relativ geringem Konstruktionsaufwand erreicht werden können. In dieser Krippe sorgen mehrere Faktoren für eine effektive Schallabsorption und eine geringe Nachhallzeit im Raum: in erster Linie die 3 mm tiefen gefrästen Längsprofile auf der Innenseite der unbehandelten Holzelemente, die zum Schutz der Kinder mit einer Stahlbürste geglättet wurden, des Weiteren die bis zu 3 mm breiten Fugen zwischen den einzelnen Elementen der Brettstapeldecke sowie die unmittelbar dahinter aufgelegte Steinwolle. Die Fugen entstehen mit dem Schwinden und Quellen des Holzes, weil die leicht genuteten Deckenelemente nicht miteinander verleimt, sondern nur vernagelt sind. Ein weiterer Pluspunkt im Hinblick auf die Raumakustik und zugleich auf das Raumklima sind die naturbelassenen und somit offenporigen Holzoberflächen – Fichte für Wände und Decken, Eiche für den Fußboden und Kernbuche für die von der Architektin entworfenen Möbel und Einbauten.

Gute Orientierung für die Kinder

Der Grundriss ist klar strukturiert, sodass er den Kindern eine gute Orientierung bietet: Das vom Eingang bis zum Garten durchgehende Foyer trennt den Büro- vom Kindertrakt, dessen Räume sich mit Ausnahme der Garderobe zum Garten hin orientieren. Die Fenstertüren erlauben direkte Zugänge ins Freie, wo die Kinder auf der tief überdachten Terrasse wettergeschützt spielen können. Weil über diese Türen auch problemlos gelüftet werden kann, war eine mechanische Lüftungsanlage überflüssig. Die warmen Holzoberflächen der Wände, Decken und Möbel sorgen zusammen mit dem gewölbten Dach für ein größtmögliches Gefühl an Geborgenheit. In dieser Atmosphäre können sich die kleinen Kinder frei entfalten und schließlich wie ein Schmetterling den Kokon verlassen – bereit für den Übergang in den Kindergarten.


Bettina Rühm, Dipl.-Ing. Architektur und Fachautorin aus München, berichtet für dds über interessante Objekte. Sie hat unter anderem zwei Fachbücher über Kindertagesstätten geschrieben, das letzte erschien 2016 in der DVA.


Steckbrief

Architektur: Petzenhammer Architektur und Stadtplanung GmbH,

Holzbau: Holzbau, Fenster
Holzbau Wörndl, Eggstätt
www.holzbau-woerndl.de

Möbel und Einbauten: Wilhelm Bruckbauer GmbH, Rosenheim

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