Kollege auf Zeit

Damir Korpar arbeitet als Schreiner in einem Personaldienstleistungsunternehmen. Und anders als es das Image der Branche suggeriert, ist er zufrieden mit den wechselnden Jobs und der Organisation. Immer wieder neu durch Einsatz und Leistung überzeugen zu müssen, nimmt er als sportliche Herausforderung.

Freitagnachmittag, freundliche und helle Räume in der Benz GmbH in Esslingen. Wir werden bereits erwartet. Die Atmosphäre ist entspannt: Für die Personaldisponentin Helen Müller sind neue Begegnungen Alltag, für Damir Korpar ebenso. Allein im Jahr 2008 hat er in zehn verschiedenen Betrieben gearbeitet. Wie geht es ihm mit dem ständigen Wechsel?

»Man kommt immer als Neuer in den Betrieb und fragt sich: Wie komme ich rüber, kann ich der Firma sofort von Nutzen sein? Die Leistungserwartung durch andere und an mich selbst ist sehr hoch. Jede Woche muss ich meine Stundenzettel vom Chef abzeichnen lassen und täglich aufs Neue überzeugen. Ich repräsentiere mich selbst und habe immer im Hinterkopf: Wenn etwas nicht so gut läuft, gehe ich als Erster. Wenn man als Neuer kommt, legt man also ständig einen Gang mehr ein. Komme ich das zweite Mal in eine Firma, frage ich mich, ob ich diesen Einsatz noch einmal wiederholen kann. Bisher hat es geklappt.«

Wer Damir Korpar erlebt, zweifelt nicht an seiner Einsatzbereitschaft. Die steht ihm ins Gesicht geschrieben. Trotzdem ist an diesem Freitag für ihn der aktuelle Job bei einem renommierten Messebauunternehmen beendet. Er war hier zum zweiten Mal tätig, wird gern gesehen, doch die Arbeit ist erledigt. Den Rest schaffen die Festangestellten. Darüber sind er und die Firma Benz seit Anfang der Woche informiert. Helen Müller hat sich sofort ans Telefon gehängt, doch noch ist nichts Neues in Sicht. Sie wird am Dienstag daher einen Außendiensttag einlegen: Unternehmen anfahren, mit denen sie gute Kontakte hat und versuchen, Damir Korpar dort unterzubringen. Der nimmt erst mal zwei Tage Urlaub und ist relativ locker. Irgendwie geht es immer weiter. Ein bis zwei Wochen ohne neue Beschäftigung kann er auch mit Gleitzeit oder Urlaub überbrücken. Ist eine Kündigung nicht zu vermeiden, gelten gestaffelte Fristen, die im Tarifvertrag vereinbart sind. Gibt es wieder Arbeit, kann Korpar sofort wieder anfangen – gute Mitarbeiter lässt man ungern gehen.

Die Agentur als Partner

Die Benz GmbH in Esslingen hat etwa 80 Zeitarbeiter unter Vertrag, die nach Möglichkeit kontinuierlich beschäftigt werden. Für das kaufmännische und das gewerbliche Berufsfeld gibt es je eine Personaldisponentin und zwei weitere Mitarbeiterinnen sind für den Kundenkontakt und die Akquise zuständig. Ihre Datenbank ist gut gefüllt mit Adressen potenzieller Arbeitgeber. Mit vielen hat die Benz GmbH bereits vorher zusammengearbeitet. Wer für mehr als eine spezielle Tätigkeit einsetzbar ist, wird entsprechend leichter vermittelt. Auch Damir Korpar ist nicht nur auf die Fertigung in der Schreinerei festgelegt, er fährt auch Lkw oder ist als Monteur unterwegs. Er hat Familie und seinen Wohnsitz im Großraum Stuttgart. Daher möchte er wenn irgend möglich in der Region arbeiten. Wenn es die Umstände jedoch erzwingen, wäre er bereit, sich auch darauf einzustellen. Zeitarbeiter werden regional und überregional eingesetzt, je nach Anforderung und persönlicher Lebenssituation.

Ein bewegtes Berufsleben

Die Unsicherheit gehört immer zum Geschäft. Irgendwann ist das Gewohnheit, man wartet einfach ab, was nach dem aktuellen Job kommt. Zeitarbeiter haben meist ein bewegtes Berufsleben. Damir Korpar war Schreiner in Kroatien, nach Deutschland kam er 1991, konnte eine feste Anstellung vorweisen und erhielt damit eine Arbeitserlaubnis. Als der Betrieb nach zwei Jahren Konkurs anmeldete, fand er Arbeit bei verschiedenen Innenausbaufirmen als Fahrer und Monteur im Außendienst sowie in der Fertigung. 2004 arbeitet er das erste mal über eine Agentur für Zeitarbeit im Bereich Inventur, dann zwei Jahre fest in einem Möbelhaus. Seit zwei Jahren ist er wieder in der Zeitarbeit beschäftigt, ein Jahr davon bei der Benz GmbH. Er hat sich auf eine Annonce beworben und die Wahl nicht bereut.

»Natürlich denkt man manchmal über die Vorteile einer Festanstellung nach. Doch mir gefällt dieser Rhythmus. Diese Art von Arbeit hat auch Vorteile, wenn man sie annimmt. Ich nehme sie an. Die Organisation durch die Agentur läuft super. Und in jedem neuen Betrieb lernt man neue Dinge kennen, bekommt das ganze System mit. Aber auch die Kleinigkeiten wie Schablonen, was auch immer. Für mich läuft das gut so.

Im Bereich Zuschnitt, Montage von Küchen, Lager oder Auslieferung kann ich meine Fähigkeiten optimal einsetzen. Manchmal sagen fest angestellte Kollegen, du könntest auch ganz hier bleiben. Manchmal sagt das auch der Chef. Doch bisher blieb es dabei. Wenn so ein Angebot auf mich zukommt, werde ich darüber nachdenken.«

So funktioniert Zeitarbeit

Der Mitarbeiter wird von der Firma für Personalleasing eingestellt und ist wie in anderen Unternehmen sozialversichert. Mitarbeiter auf Zeit sind interessant für Kunden, die flexibel bleiben wollen. Sie halten eine kurze Abmeldefrist ein, und es gibt keine weiteren Verpflichtungen. Abgerechnet wird mit dem Personaldienstleister. Ein Mitarbeiter auf Zeit verdient durchschnittlich etwas weniger als bei einer Festanstellung, kostet das Unternehmen jedoch einen höheren Stundensatz. Mit der Differenz arbeiten die Firmen für Personalleasing.

Personaldienstleister gehen für ihre Klienten aktiv auf Arbeitssuche und sind bemüht, die Mitarbeiter möglichst lückenlos unterzubringen. Wenn sich auf Dauer keine neue Beschäftigung ergibt, wird es sich nach Abbau von Gleitzeit und Urlaub nicht vermeiden lassen, einen Mitarbeiter zu kündigen. In den unterschiedlichen Tarifverträgen, die Personalleasingfirmen abschließen, gelten verschiedene Fristen. Die Benz GmbH ist der Interessengemeinschaft Zeitarbeit angeschlossen.

Auch eventuelle Ablösesätze sind tariflich geregelt. Für viele ist Zeitarbeit ein Sprungbrett in eine feste Anstellung, die als großes Ziel angestrebt wird. Die Personaldienstleister stehen dem nicht im Wege. Sie wissen, dass engagierte Mitarbeiter wie Damir Korpar eigentlich überall gefragt sind. AG/JN

»Diese Art von Arbeit hat auch Vorteile. Mir gefällt der Rhythmus und die Organisation läuft super.«

Damir Korpar, seit zwei Jahren als Schreiner bei der Zeitarbeit

»Unsere Mitarbeiter sind Partner. Wir tun alles, damit sie ihre Fähigkeiten optimal einsetzen können.«

Helen Müller, Personaldisponentin der Benz GmbH, Esslingen