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»Ich habe einfach losgelegt«

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»Ich habe einfach losgelegt«

Josef Eibl gehört zu den Mineralwerkstoffpionieren. Seit 1985 arbeitet er mit Varicor. Die technischen und gestalterischen Möglichkeiten faszinieren ihn immer wieder aufs Neue. In seiner 25-Mann-Schreinerei befassen sich zehn Mitarbeiter mit diesem Material.

Heute zählt die Schreinerei Eibl in Aham bei Landshut zu den zehn größten Varicor-Verarbeitern. Die Entscheidung, Waschtische und Ausbauten aus Mineralwerkstoff in das Programm aufzunehmen, fiel eigentlich bereits im Jahr 1985. Der Realschüler Josef Eibl war damals 16 Jahre alt und begleitete seine Eltern zum Schreinertag nach Ulm. Dort begegnete er einem neuen Werkstoff, der neue Gestaltungsmöglichkeiten und vor allem auch neue Betätigungsfelder mit sich brachte. Der damalige Spanplattenhersteller Gruber und Weber stellte den Mineralwerkstoff Varicor vor. Das steinartige Material, das sich wie ein Kunststoff verarbeiten und nahezu fugenlos verkleben lässt, begeisterte den Schüler. Er wollte das Material ausprobieren und einen Waschtisch für den Neubau seiner Eltern herstellen. Sein Vater erfuhr jedoch den Materialpreis des exklusiven Werkstoffs und entschied sich für eine Keramiklösung. Als ein knappes Jahr später die Einbauküche anstand, sollte Josef Eibl dann doch seine Chance bekommen und eine neuartige Arbeitsplatte in einem Guss mit der Spüle herstellen. Seine Mutter gab ihm 3800 DM. Dafür kaufte er drei Varicor-Platten, ein Spülbecken und den Klebstoff.

»Ich wusste nicht, was auf mich zukommt, ob es auf der Kreissäge funkt, scheppert, staubt oder ob es Scherben gibt. Ich habe einfach losgelegt – Verarbeitungshinweise gab es damals ja noch nicht«, sagt Josef Eibl. Er hat die Küche ein paar Kunden gezeigt und das Geschäft lief dann allmählich an. Bald kam der erste Auftrag für die öffentliche Hand, das Einwohnermeldeamt am Ort. Der Olympiapark in München blies dann richtig Wind in die Segel des neuen Geschäftszweigs. Der Hersteller hatte den Betreiber des Stadions an Eibl verwiesen.
Seit 1996 führt Josef Eibl das Unternehmen in der vierten Generation. Die Belegschaft ist in dieser Zeit von fünf auf 25 Mitarbeiter gewachsen. Mit einer zehn Mann starken Mineralwerkstoffabteilung zählt die Schreinerei zu den zehn größten Varicor-Verarbeitern. Zu den drei wichtigsten Kundengruppen gehören der Sanitärgroßhandel, Labor-, Klinik- oder Kindergarteneinrichter sowie Industriebetriebe. Darüber hinaus beliefert Eibl auch Kollegen. Die Endkunden für Mineralwerkstoffausbauten unterteilt Eibl in zwei Kategorien: zum einen die Individualisten, die eine eigene Lösung suchen, und zum anderen die Optimierer, die den Wohnraum effektiv nutzen wollen, etwa indem sie die Waschmaschine und den Trockner unauffällig in die Badezimmereinrichtung integrieren.
Fast alle Mineralwerkstoffe bestehen zu zwei Dritteln aus Aluminiumhydroxyd, sie unterscheiden sich jedoch im Bindemittel. Einige Mineralwerkstoffe sind acrylharzgebunden, Varicor ist polyesterharzgebunden. Acrylharzplatten sind viel leichter thermisch verformbar als Polyesterharzplatten. Dafür lassen sich Letztere gießen. Das ist für Eibl ein entscheidendes Argument für Varicor. Anders als das Tiefziehen erweist sich das Gießen für das Material als stressfrei. Es entstehen keine Spannungen und keine Risse. So lassen sich auch viel engere Radien und kompliziertere Formen erzeugen. Als zweiten Vorteil nennt Eibl eine Menge Arbeitsersparnis: »Wenn ich beispielsweise Waschbecken und Waschtisch in einem Stück gieße, muss ich nichts kleben und keine Klebefugen verputzen.« Die Gussformen für die Waschtische sind mit verschiebbaren Endstücken ausgestattet, sodass sich die Länge und die Lage des Beckens einstellen lässt.
Da die Entwicklung und Herstellung der Gussformen sehr aufwendig sind, beteiligt sich Eibl an einem Netzwerk mit zehn großen Varicor-Verarbeitern. Hier können die Netzwerkpartner in der Regel gegen Bezahlung vom Kollegen freigegebene Formen nutzen. Der Verarbeiter erstellt ein Positivmodell, nach dem ein Dienstleister die Gussform baut. Der Gruber-und-Weber-Nachfolger Keramag bewahrt die Formen auf und gießt auf Bestellung. Grundsätzlich stehen 700 Formen zur Verfügung. Die zehn Topverarbeiter verfügen über 15 eigene verschiedene Waschtisch- und Spülenmodelle, die nur sie nutzen dürfen. Keramag führt weitere 30 Modelle, die dieser Kreis ebenfalls exklusiv nutzt. Zum Fundus des Netzwerks steuert Eibl zurzeit sieben Formen bei.
Zu den Besonderheiten im Varicor-Programm von Eibl gehört der Arbeitsplatten- und Waschtischwandanschluss in Form einer Hohlkehle, die sich quasi nahtlos aus der Fläche erhebt. Hierzu betreibt das Unternehmen eine Durchlauffoldingmaschine mit bis zu drei Werkzeugen. Die Anlage bringt den Klebstoffstreifen als Foldingscharnier auf, fräst ein oder zwei V-Nuten sowie die Rundungsprofile. Je nach Werkzeugsatz lässt sich der Wandanschluss als Hohlkehle oder Karnis gestalten.
Als größte technische Herausforderung in der Mineralwerkstoffverarbeitung nennt Josef Eibl die Werkzeuge und die extrem großen Schnittkräfte: »Wir haben jede Maschine anpassen müssen, beispielsweise mit Staubdichtungen und verstärkten Lagern«. Wegen des Staubes hat Josef Eibl die Mineralwerkstoffabteilung losgelöst von der Schreinerei im Untergeschoss untergebracht. Hier gibt es eine eigene Absaugung, konventionelle Ober- und Unterfräsen, die Foldingmaschine und viele Handarbeitsplätze. Das staubdicht ausgeführte BAZ steht jedoch oben in der Schreinerei und kommt für die Varicor-Schiene nur selten zum Einsatz. GM

Kontakt
Schreinerei: Josef Eibl GmbH 84168 Aham, Tel.: (08744) 9603-0 Fax: -30, www.eibl-gmbh.de
Varicor: Varicor GmbH/Keramag, 76571 Gaggenau Tel.: (07225) 9739-0, Fax: -49 www.varicor.com
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