1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

»Einzelgänger ohne Chance«

Allgemein
»Einzelgänger ohne Chance«

Dieter Roxlau sieht in der Branche bei allen betrieblichen Funktionsbereichen großen Professionalisierungsbedarf. Einzelkämpfer könnten dies nicht stemmen. Sein Rat: Sich vernetzen mit anderen Betrieben und in sinnvoller Aufgabenteilung Stärken entfalten. dds im Gespräch mit dem Geschäftsführer des Landesverbandes Tischler NRW.

Welche Aufgabe kann der Tischler und Schreiner im Netzwerk besser erledigen als alleine?

Der Einzelkämpfer ist ein Auslaufmodell. Über Netzwerke lassen sich alle betrieblichen Funktionen professionalisieren. Das fängt beim Einkauf an, setzt sich fort über den Leistungsaustausch unter Kollegen und anderen Gewerken, den Erfahrungsaustausch bis hin zur Marketingkooperation.
Womit setzen sich die Kooperationen bevorzugt auseinander?
Viele Kooperationen, die ich kenne, sind ursprünglich aus der Idee des gemeinsamen Einkaufs entstanden und haben sich in Richtung Marketing und Vertrieb entwickelt. Der Professionalisierungsbedarf ist in allen betrieblichen Funktionen sehr groß. Daher geht der Trend weg von Einkaufsverbänden hin zu komplexen Netzwerken, die mehrere Problemfelder bündeln und durch eine sinnvolle Aufgabenverteilung Lösungen erarbeiten, von denen alle Beteiligten profitieren.
Gibt es Aufgaben, die der Handwerker auf gar keinen Fall aus der Hand geben sollte?
Die Unternehmensführung, die Identitätsfindung und -entwicklung kann ein Unternehmen nur selbst in die Hand nehmen. In allen anderen Bereichen kann die Zusammenarbeit mit Partnerbetrieben sinnvoll sein.
Netzwerke verfolgen keine individuellen, sondern gemeinsame Interessen. Führt dies nicht zu einem uniformen Angebot?
Nein, im Gegenteil, Netzwerker verfügen letztendlich über eine größere Bandbreite von Zulieferern und Einkaufsquellen und damit auch über eine größere Produktvielfalt. Die meisten Kooperationen bringen den Betrieben eine Erweiterung des Angebotsspektrums und der Produktvielfalt.
Welche Netzwerke spielen in der Branche die wichtigste Rolle?
Die bedeutendste Form ist das nicht organisierte dezentrale Netzwerk, bei dem Kollegen miteinander kooperieren. Die gewerkeübergreifenden Aktivitäten nehmen zu. Damit kann der Tischler und Schreiner einen Komplettservice bieten. Wir haben hier im Verband Tischler NRW die Initiative »entspannt modernisieren« ins Leben gerufen. Inzwischen läuft die Initiative auch in den Bundesländern Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holzstein und Hamburg. Weit über 500 Tischler haben sich für das Modernisieren und Renovieren von Räumen qualifiziert und Netzwerke mit anderen Gewerken geknüpft.
Wer tritt dabei als Ansprechpartner für den Endkunden auf?
Das sind oft die Tischler und Schreiner. Sie haben aufgrund ihrer Planungskompetenz gegenüber den anderen Gewerken einen Vorsprung. Sie denken mehr in Räumen und wirken in den Kooperationen häufig als treibende Kraft.
Wie ordnen sich denn die Innungen in das Spektrum der Kooperationen ein?
Zum einen bündeln sie Einkäufe und schaffen über Rahmenabkommen Vergünstigungen für ihre Mitglieder. Darüber hinaus bieten sie eine Plattform auf der sich sich Betriebe für gemeinsame Projekte zusammenfinden können.
Ist die Innung als regionales Netzwerk noch das Zukunftsmodell oder geht es hin zu Gemeinschaftsaktionen von Betreiben mit gleichen Interessen?
Das eine schließt das andere ja nicht aus. Wir brauchen die Innung und die Verbände als die Plattform zur Bildung weiterer, selbstständiger Netzwerke, wie z. B. »barrierefrei Wohnen« oder »entspannt modernisieren«. Leistungsfähige Berufsorganisationen schaffen die Voraussetzung dafür, dass sich zeitnah bedarfsgerechte Kooperationen bilden.
Können Sie sich vorstellen, dass ein Betrieb den Netzwerkgedanken soweit treibt, dass er ohne eigene Werkstatt auskommt?
Ja, die Fälle gibt es. Damit geht natürlich ein Stückchen des ursprünglichen Tischlerhandwerks verloren. Die Tätigkeiten verlagern sich in Richtung Produktmakeln. Als Berufsorganisation streben wir schon an, dass die Produktion für das Gewerk an sich stärker erhalten bleibt als sich das gegenwärtig abzeichnet. Wir erleben eine deutliche Verlagerung der Wertschöpfung weg vom Tischer und Schreiner hin zum industriellen Zulieferer. Viele Verbandsaktivitäten richten sich gegen diesen Trend.
Was tun Sie konkret?
Die Landesverbände des Tischlerhandwerks haben die Gesellschaft für Systemlösungen des Tischler- und Schreinerhandwerks ins Leben gerufen. Sie entwickelt beispielsweise Rauch- und Brandschutztüren mit Prüfzertifikat, die Tischler und Schreiner zu günstigen Lizenzbedingungen nachbauen dürfen. Ähnliches unternehmen wir für die CE-Kennzeichnungspflicht für Fenster und Türen. So verhindern wir, dass der kleine Betrieb angesichts der zusätzlichen Anforderungen resigniert und seine Fenster nur noch zukauft.
Sehen Sie als Vertreter der Verbände und Innungen in den Netzwerken eine Konkurrenz?
Nein, wir sehen in den betrieblichen Kooperationen eine durchaus sinnvolle Ergänzung zu unserer Verbandsarbeit. Mit einigen Kooperationen arbeiten wir sogar ganz gezielt zusammen.
Das Interview führte dds-Redakteur Georg Molinski
Aktuelles Heft
Titelbild dds - das magazin für möbel und ausbau 4
Aktuelle Ausgabe
04/2024
EINZELHEFT
ABO
dds-Zulieferforum
Tischlerhandwerk in Zahlen

Zahl der Betriebe im Tischlerhandwerk

dds auf Facebook


dds auf YouTube

Im dds-Channel auf YouTube finden Sie:
– Videos zu Beiträgen aus dds
– Kollegen stellen sich vor
– Praxistipps-Videos
– Maschinen & Werkzeuge

Abonnieren Sie dds auf YouTube »