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Ein komplexes System mit vielen Klassen

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Ein komplexes System mit vielen Klassen

Was ist bei Planung, Nachweis und Montage von Feuer- und Rauchschutz- abschlüssen zu beachten? Die Experten des IFT-Rosenheim geben einen Überblick.

Feuer- und Rauchschutzabschlüsse haben hohe baurechtliche Anforderungen, um Menschenleben zu sichern und Sachschäden zu vermeiden. Analysen von Brandursachen zeigen, dass Brandschäden vermeidbar wären, wenn Feuerschutztüren sachgemäß montiert, richtig geschlossen oder Dichtungen und Profilzylinder nicht entfernt würden. Im Umgang mit dem Thema Brandschutz ist deshalb eine vertiefte Sachkunde sowie eine Unterscheidung der unterschiedlichen Anforderungen notwendig. Relevante Regelwerke sind:

  • Produktnorm Fenster und Türen, bei der nur für Dachflächenfenster Anforderungen an Brandeigenschaften gestellt werden (DIN EN 14351–1 Abs. 4.4.)
  • Türen und Fenster mit feuer- und rauchhemmenden Eigenschaften (Feuerwiderstand DIN EN 4102 oder mit Klassifizierung DIN EN 13501–2)
  • Fenster, die als natürliche Rauch- und Wärmeabzuganlagen (NRWG) genutzt werden (DIN EN 12101–2)
  • Brandverhalten von Baustoffen im Bauwesen (MBO §§ 14, 26 28, Sonderbauvorschriften, DIN 4102 und DIN EN 13501)
Feuer- und Rauchschutzabschlüsse sind selbstschließende Abschlüsse, die den Durchtritt von Rauch behindern bzw. von Feuer verhindern sollen. Diese Bauteile müssen inklusive Zargen, Türflügeln, Beschlagteilen, umgebendem Mauerwerk, Befestigungsmitteln und allen anderen Zubehörteilen als betriebsfertige Einheit verstanden werden. Sicherheitsrelevante Bauteile müssen so konzipiert sein, dass ihre Funktionsweise über einen langen Zeitraum sichergestellt wird. Nach der Abnahme des Gebäudes geht die Verantwortung auf den Besitzer bzw. Betreiber über, der dafür Sorge tragen muss, dass die Sicherheitseigenschaften erhalten bleiben.
In Deutschland ist für Feuerschutz-/Rauchschutzabschlüsse eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (ABZ) erforderlich, die vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) erteilt wird. Diese kann beim DIBt online unter www.dibt.de abgerufen werden. Für reine Rauchschutzabschlüsse ist ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (ABP) verwendbar, das von der Prüfstelle vergeben wird. Es kann beim IRB-Verlag unter www.dibt.de abgerufen werden.
Die Eigenschaften Temperaturübertritt, Rauchschutz und Feuerwiderstand müssen von einer neutralen und anerkannten Prüfstelle geprüft werden, beispielsweise dem IFT-Rosenheim. In diesen Nachweisen (ABZ/ABP) müssen alle wichtigen Konstruktionsmerkmale (Dokument A), Vorgaben für die Montage (Dokument B) und die zu verwendenden Materialien detailliert beschrieben werden. Diese müssen zwingend beachtet werden, da ansonsten die Zulassung ungültig wird und der Montagebetrieb in Regress genommen werden kann. Das Zulassungsverfahren ist relativ aufwändig.
Da ein »Nachbau« geprüfter Konstruktionen ohne die Zustimmung des Herstellers nicht zulässig ist, wird der Schwerpunkt des Fachbeitrags auf Montage und Wartung gelegt. Neben dem Umgang mit den Zulassungen ist für Schreiner und Montagefachleute auch die Kenntnis der Begrifflichkeiten, Normen und Kennzeichnungen notwendig, um die unterschiedlichen Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten sicher zu unterscheiden.
Sicherheitsbauteile erkennen
Sicherheitsrelevante Bauteile müssen dauerhaft und sichtbar gekennzeichnet sein und können deshalb wie folgt identifiziert werden:
  • Feuer- und Rauchschutzabschlüsse haben eine Kennzeichnung, die nicht entfernt werden darf (Blechschild bzw. Prägung)
  • Sicherheitsgläser haben ein in das Glas geprägtes Siegelzeichen
  • Funktionsbeschläge werden durch Angabe der Normen sowie ein Ü- bzw. CE-Zeichen gekennzeichnet.
Montage und Wartung
Die Montage muss in der Einbauanleitung der Zulassung beschrieben werden. Folgende Unterlagen müssen zur Montage vorliegen.
Feuerschutztür:
  • ABZ des DIBt oder Zustimmung im Einzelfall,
  • Einbauanleitung, evtl. ergänzt durch Zeichnungen
Rauchschutztür:
  • ABP einer anerkannten Prüfstelle
  • Einbauanleitung
Die Einbauanleitung ist von dem im Zulassungsbescheid/Prüfzeugnis genannten Hersteller zu erstellen. Die Montagefirma muss sich aber ihrer Verantwortung bewusst sein und z.B. prüfen, ob die Tür in die vorhandene Wandart eingebaut werden darf.
Der Montagebetrieb hat eine Übereinstimmungsbestätigung für den fachgerechten Einbau zu erstellen und detaillierte Angaben zum Objekt und zum eingebauten Abschluss zu machen. Die Übereinstimmungsbestätigung ist zu unterschreiben und dem Bauherren zu übergeben. Ein Muster ist Teil der Zulassung und befindet sich auch in der Montageanleitung. Wichtig für den Montagebetrieb sind hierbei auch die »Zulässigen Änderungen von Feuerschutzabschlüssen« des DIBt. Die aktuelle Fassung ist aufgeteilt in Änderungen, die nur bei der Herstellung – als nicht vom Montagebetrieb – durchgeführt werden dürfen, und Änderungen, die auch an bereits hergestellten und montierten Feuerschutzabschlüssen vorgenommen werden dürfen.
Nach der Inbetriebnahme geht die Haftung auf den Gebäudebesitzer/-betreiber über. Die notwendigen Angaben zur Sicherstellung der Funktionsweise finden sich in der Betriebsanleitung des Herstellers. Viele Wartungs- und Kontrollaufgaben müssen durch sachkundige Personen ausgeführt werden, um eine Beeinträchtigung oder ein Versagen der Sicherheitsfunktion zu verhindern. Die notwendige Sachkunde kann durch eine schriftlich bestätigte Einweisung durch den Hersteller oder Schulungen des Herstellers oder der Prüfstelle nachgewiesen werden.
Planung, Nachweis, Bewertung
Aufgrund der hohen baurechtlichen Anforderungen sind richtige Ausschreibungen mit der Angabe von Brandschutzklassen und Wandbauarten Voraussetzung für eindeutige Anforderungen an das Bauteil. Dabei dürfen die Feuer-/Raucheigenschaften von Bauteilen nicht isoliert betrachtet werden, sondern die Zusammenhänge mit Eigenschaften wie Schall- oder Einbruchschutz sind zu berücksichtigen. Gleichzeitig muss eine definierte Gebrauchstauglichkeit sichergestellt werden. Das IFT Rosenheim prüft deshalb alle Bauteil- und Baustoffeigenschaften, um eine realistische Bewertung der Praxistauglichkeit zu ermöglichen.
Für Feuerschutzabschlüsse muss zur Zeit eine ABZ des DIBt vorliegen. Voraussetzung hierfür ist die Prüfung und Bewertung der Prüfergebnisse durch eine für das Zulassungsverfahren anerkannte Prüfstelle. Die Ermittlung der Feuerwiderstandsfähigkeit wird durch Prüfnormen geregelt, die lediglich Aussagen bezüglich eines bestimmten Leistungskriteriums zulassen, beispielsweise »E« für Raumabschluss. Nach Einführung und Harmonisierung der europäischen Normen können dann auch Klassifizierungsberichte auf Basis der Klassifizierungsnormen erstellt werden, die unterschiedliche Leistungskriterien und mehrere Prüfungen zusammenfassen. Auf Grundlage der zukünftigen Produktnorm kann dann ein CE-Komformitätszertifikat erstellt werden. Die Normen können grob in drei Kategorien eingeteilt werden:
  • Prüfnormen regeln die Anwendung einheitlicher Prüfverfahren
  • Klassifizierungsnormen regeln Klassengrenzen für einzelne Anforderungen
  • Produktnormen enthalten eine Zusammenfassung der anzuwendenden Prüf- und Klassifizierungsnormen sowie Maßnahmen zur Konformitätsbewertung
Für Bauteile wie Fenster, Fassaden und Türen gelten zukünftig die europäischen Normen DIN EN 14600 »Tore, Türen und zu öffnende Fenster mit Feuer- und/oder Rauchschutzeigenschaften – Anforderungen und Klassifizierung« sowie DIN EN 13501–2 »Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten«. Hier sind nicht mehr die Kennbuchstaben wie beispielsweise T 30 oder F 30 beschrieben, sondern die Kriterien werden aufgegliedert.
So kann ein selbstschließender Feuer-/Rauchschutzabschluss die europäische Klassifizierung EI2 30 C5 SM (entspricht T 30/RS) erhalten.
  • EI2 30 – Feuerschutzabschluss mit 30 Minuten Widerstandszeit
  • C5 – raumabschließende Funktion nach 200000 Schließzyklen
  • SM – Rauchschutz/Leckrate bei einer Druckdifferenz bis zu 50 Pa und erhöhter Temperatur (200 °C)
Die Definitionen der Leistungskriterien werden in den Klassifizierungs- und Produktnormen beschrieben. Die Hauptleistungskriterien zur Ermittlung des Feuerwiderstandes sind:
  • »E« für Raumabschluss. Er beschreibt die Fähigkeit, einer einseitigen Brandeinwirkung so standzuhalten, dass wesentliche Mengen an Flammen oder heißen Gasen nicht zur Ausbreitung des Brandes oder angrenzender Materialien auf der vom Feuer abgewandten Seite beitragen.
  • »R« für Tragfähigkeit. Sie beschreibt die Fähigkeit des Bauteils, unter Brandlast von einer/mehreren Seiten und unter mechanischer Beanspruchung die Standsicherheit ohne Verlust nachzuweisen.
  • »I« für Wärmedämmung. Sie beschreibt die Fähigkeit des Bauteils, einer einseitigen Brandbelastung so standzuhalten, dass eine wesentliche Wärmeübertragung auf die vom Feuer abgewandten Oberflächen des Bauteils ausgeschlossen ist.
  • »W« für Begrenzung der Wärmestrahlung. Sie ist die Fähigkeit des Bauteils, bei einseitiger Brandbeanspruchung dieser so zu widerstehen, dass die über die nichtbeflammte Oberfläche des Bauteils abgestrahlte Wärme reduziert wird, um angrenzende Bauteile vor Entflammung zu schützen. Somit wird eine Brandweiterleitung unterbunden.
Mit der Harmonisierung der Produktnorm prEN 14351–3 »Fenster- und Türen – Produktnorm – Teil 3: Produkte mit Feuerwiderstand und Schutz bei Feuer von außen« ist jedoch voraussichtlich nicht vor 2010 zu rechnen. Eine CE-Kennzeichnung ist somit erst ab diesem Zeitpunkt möglich. Somit sind bis dahin weiterhin ABZ und ABP inkl. dem beschriebenen Verfahren zu verwenden und zu berücksichtigen.
Fazit
Die Montage von Feuer- und Rauchschutzabschlüssen kann für Schreiner und Montagebetriebe ein interessantes Geschäftsfeld sein. Dies setzt aber eingehende Schulungen voraus. Insbesondere der gewissenhafte Umgang mit den Angaben und Vorgaben der Verwendbarkeitsnachweise (ABZ und ABP) ist wichtig. Schulungen werden von Herstellern und Prüfstellen angeboten.
Dipl. Ing. (FH) Andreas Matschi, Dipl. Ing. (FH) Jürgen Benitz- Wildenburg, IFT Rosenheim

Service Beitrag als Langfassung
Eine Autoren-Langfassung dieses Beitrags inkl. mehrerer Tabellen und Checklisten finden Sie unter www.dds-online.de, Bereich »Downloads« sowie unter www.dds-online.de.
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