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»Direkter geht´s nicht!«

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»Direkter geht´s nicht!«

Nach Jahren in der AV und als Werkstattleiter in Betrieben mit bis zu 50 Mitarbeitern genießt Schreinermeister Jürgen Mettler heute den unmittelbaren Kontakt zum Kunden. Motto: »Wie besprochen, so geliefert – und bezahlt!«

Das gespräch führte dds-Redakteur Hubert neumann

Seit der Zeit der gemeinsamen Weiterbildung an der Stuttgarter Holzfachschule unter Wolfgang Nutsch zum Gestalter der Fachrichtung Holztechnik und zum Schreinermeister kennen sich dds-Redakteur Hubert Neumann und Jürgen Mettler. Schon damals faszinierte Mettler mit seiner klar strukturierten Art und seiner technischen Kompetenz, wenn er einem Werkstattmeister kurzerhand beistand und den Kollegen zeigte, wie der Bekanter oder die Breitbandschleifmaschine effektiv einzustellen ist. Seit 16 Jahren arbeitet der Schreinermeister selbstständig im umgebauten Bauernhaus mit einer Werkstattfläche von knapp 70 m². Ein Werkstattgespräch.
Jürgen, es erstaunt mich immer, wenn ich dein Tor öffne und direkt vor der Breitbandschleifmaschine stehe. Wie kam es dazu, die umgebaute Scheune so aufzurüsten?
Rumbasteln ist nicht mein Ding. Und irgendwann war ich die Fahrwege zu Kollegen leid, um eine sauber kalibrierte Platte oder eine vernünftig geschliffene Haustüroberfläche zu erhalten. Auch steuerlich hat die Investition Sinn gemacht – seit dem steht die Bütfering da. Ähnliches bei der Formatkreissäge. Es ist übrigens schon die Dritte. Digital ein Maß eintippen und akkurat erfolgt die Nut oder der Schnitt – das möchte ich nicht missen.
Weshalb hast du eine sichere Anstellung mit der Selbstständigkeit getauscht?
Wenn man eine gewisse Geradlinigkeit an den Tag legt – authentisch sein heißt das wohl heute – eckt man auch mal an. Wenn dem Kunden etwas versprochen wird, hat er das Recht, die vereinbarte Leistung zum vereinbarten Termin in der besprochenen Qualität zu erhalten. Als Werkstattleiter eines 50-Mann-Betriebes hast du allerdings nur bedingt Einfluss auf das, was versprochen wird und ob das auch leistbar ist. Als bei meinem damaligen Arbeitgeber das zunehmend nicht zusammenpasste, habe ich gekündigt.
Das Unternehmen gibt es heute übrigens nicht mehr. Nach acht Wochen auf dem Arbeitsamt habe ich mich bei der Handwerkskammer angemeldet und die Scheune zur Werkstatt umgebaut.
Das klingt eher nach spontaner Aktion als nach Businessplan …
Ja, absolut – und ich habe es nie bereut! Mit etwas Abstand betrachtet hätte ich eher noch ein paar Wochen länger warten sollen, um dann Fördermittel für den Weg in die Selbstständigkeit in Anspruch nehmen zu können. Ich habe es aber auch ohne geschafft.
Betrachte ich die Werkstücke hier, ist das weit weg von der Garage des montierenden Einzelkämpfers …
Durchaus. Diese rosafarbenen Zuschnitte aus Brandschutzplatten verbinde ich mit Minifixbeschlägen zu einer Unterkonstruktion für raumhohe Glaswände. Die 84 mm starken Dreischichtplatten nehmen als Wandscheibe einseitig auskragende Trittstufen auf, die daneben gestapelt liegen. Und die LED-bestückte Vitrine in Birnbaum wird nächste Woche pünktlich vor dem Weihnachtsgeschäft bei einem Juwelier in Metzingen eingebaut. Alles durchkonstruierte Schreinerarbeiten, für die eine Garage nicht taugt.
Sind das typische Mettler-Aufträge?
Im Prinzip schon – immer abwechslungsreich. Abgesehen von wiederkehrenden Sanierungsaufträgen an zwei beruflichen Schulen. Dort sind oft Brandschutztüren zu liefern, die ich zukaufe. Aktuell erfordert die Unterbringung der Flüchtlinge in den Turnhallen schnelle Umbaumaßnahmen. Die Arbeiten am Berufsschulzentrum sind durchaus reizvoll. Heute Ergänzungen in einem Chemielabor, morgen Arbeiten im Trakt der Holzbauer.
Ist die Entlohnung bei öffentlichen Auftraggebern auskömmlich?
Bedingt. Aufwendige Sonderlösungen werden durch vertrauensvolle Zusammenarbeit vernünftig bezahlt. Bei beschränkten Ausschreibungen biete ich mit, wenn ich die Objekte kenne! Offene Ausschreibungen sind dagegen tabu – zuviel verrückte Preisbrecher tummeln sich dort.
Wie kommst du sonst an Aufträge?
Altkunden, Empfehlungen oder Architekten, für die ich schon früher gearbeitet habe. Viele Aufträge ergeben sich bei Umbauten, wie etwa bei der vorher angesprochenen auskragenden Treppe. Sie kommt an die Schnittstelle zwischen Bestand und Neubau. Die klare Entwurfsidee war da, doch wie sauber umsetzen? Der Architekt besann sich auf mich. Gemeinsam haben wir dann eine machbare, skulpturale Konstruktion ausgetüftelt.
Rechnen sich individuelle Arbeiten?
Mehr als sozialer Wohnungsbau! Für Qualität und außergewöhnliche Lösungen sind Kunden bereit, angemessene Preise zu bezahlen.
Solche Lösungen scheinst du ausreichend bieten zu können. Hast du einen Tipp für die dds-Leser?
Mir hilft meine Bodenhaftung. Ich benenne klar, was ich kann – und lehne ab, wenn mir eine Idee zu abgehoben ist. Heute noch profitiere ich von vier Semestern Gestaltung/Konstruktion unter Wolfgang Nutsch. Ich bleibe ein Feind von hingeschusterter Bautigerei – aber auch von avantgardistischem Designklamauk. Sauber gestaltetes Handwerk reicht!
Wie steht es um die Lebensqualität als Einzelkämpfer?
Eine reguläre 38,5-Std.-Woche kenne ich nicht. Dafür bin ich immer im Zugriff, wenn die Familie mich braucht. Ein Wochenende lässt sich bei mir auch mal auf vier, fünf Tage ausdehnen, wenn das Hobby oder Ehrenamt uns in die Berge, den hohen Norden oder einfach in die Weite der Schwäbischen Alb verschlägt. Das möchte ich nicht mehr hergeben!

steckbrief

Jürgen Mettler betreibt 40 km südlich von Stuttgart in Erkenbrechtsweiler auf der Schwäbischen Alb seinen Innenausbaubetrieb. Als Mitarbeiter hat er eine Teilzeitkraft angestellt. Größere Aufträge setzt er gemeinsam mit anderen selbständigen Kollegen um. Mettler ist Schreinermeister und Gestalter der Fachrichtung Holztechnik.
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