1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

»Begeistern und fördern«

Allgemein
»Begeistern und fördern«

Der Innenausbaubetrieb Jacobi existiert in dritter Generation. Alfred Jacobi hat sowohl den Fachkräftemangel der Aufbaujahre als auch die Zeit miterlebt, als Tischler ein Modeberuf war. Sein Motto ist geblieben: Junge begeistern – Ältere fördern.

Wir danken Herrn Jacobi für das Gespräch! Johannes Niestrath, dds

Der steigende Anteil an Senioren in der Bevölkerung beschert den Ausbaugewerken attraktive Kundschaft auf Jahre hinaus. Statistiker warnen gleichzeitig vor einem akuten Fachkräftemangel, der sich mittelfristig bemerkbar machen wird. Alfred Jacobi sieht das gelassen …
Herr Jacobi, wie brisant könnte der demografische Wandel Ihren eigenen Betrieb treffen?
Ich höre unseren alten Meister noch sagen: »Es gibt keine Tischler mehr«, das war in den Aufbaujahren nach dem Krieg, da hat Opel in Bochum Löhne gezahlt, dass keiner mehr ins Handwerk wollte. Bei jedem Lehrling hieß es, hoffentich bleibt der. Das waren ja die Jahre wo man gesagt hat, Kunde droht mit Auftrag! Da ist mein Vater in die Volksschule gegangen, als die noch so hieß, und hat dort Werbung für unseren Beruf gemacht. Ich bin sicher, dass es uns auch in Zukunft gelingen wird, junge Leute für unseren Beruf zu begeistern. Allerdings müssen wir die Vorzüge des Tischlerhandwerks besser als bisher bekannt machen. Deswegen haben wir ja gerade bundesweit die Kampagne zur Nachwuchswerbung gestartet. Aber auch Schülerpraktika und gezielte Berufsorientierung sind wichtig, um junge Leute davon zu überzeugen,wie vielfältig und modern unser Beruf ist.
Wen hat die Imagekampagne des BHKH besonders im Blick?
Ich halte nichts davon, die Menschen nach Schulabschluss zu sortieren. Ein guter Hauptschüler, bei dem das soziale Umfeld passt, warum denn nicht? Da gibt es pfiffige Kerlchen.
Haben Sie in Ihrem Betrieb Erfahrungen mit der Woche des Eignungstests gemacht?
Der Test wird innungsmäßig organisiert und wir schicken unsere Bewerber auch dort hin. Das Ergebnis bietet mir wichtige Orientierung bei der Auswahl neuer Lehrlinge, es ist allerdings keine Aufnahmeprüfung. Andere Kriterien, vor allem der persönliche Eindruck des Bewerbers und die Zeugnisse, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle für die Einstellung.
Jeder hätte gern Auszubildende, die soziale Kompetenz und einen guten Schulabschluss mitbringen. Was ist mit dem Potenzial der anderen Kandidaten?
Gerade haben wir eine Auszubildende, die kurz vor dem Abi das Handtuch geworfen hat, die gehört wie man so sagt zu den Gruftis, gefärbte Haare, Ohrstecker und so weiter. Dem stelle ich mich. Da sage ich dann schon mal, so kannst Du aber nicht zum Kunden hin, aber die ist nicht schlecht!
Bilden Sie auch Überflieger aus, die sich nach der Lehre in Rosenheim einschreiben?
Na klar, mein eigener Sohn, der bei einem Kollegen die Ausbildung gemacht hat und dann in Rosenheim zu den ersten Innenausbaustudenten gehörte, ist dafür das beste Beispiel. Wir haben in jedem Lehrjahr einen Auszubildenden. Wird einer fertig, schieben wir nach. Natürlich kann ich nicht alle übernehmen, dann wären wir schnell bei 50 Mitarbeitern. Dass sich junge Leute weiter entwickeln, sehe ich positiv – auch im Hinblick auf unseren Beruf.
Ist die gleiche Ausbildung für alle noch zeitgemäß?
Bei der Neuordnung der Ausbildung zum Tischler und Schreiner gab es immer wieder den Ruf nach früherer Spezialisierung. Ich halte nicht viel davon. Den Grundstock im Handwerk legen wir im Betrieb und in der überbetrieblichen Ausbildung, dann kommt die Spezialisierung. Wir atomisieren den Beruf, wenn wir zu früh in die Spezialisierung gehen.
Älter werdende Mitarbeiter und immer kompliziertere Technik, geht das zusammen?
Gute Mitarbeter denken mit, das ist unabhängig vom Alter. Jeder will neue Kniffe mitbekommen, da gibt sich keiner die Blöße und sagt, das lerne ich nicht mehr. Es gibt heute kaum noch eine Maschine, an der kein Computer hängt. Bei der CNC hieß es auch zuerst: Wir sind keine Industrie, wir machen doch keine Serie … und vier Wochen später wusste keiner mehr, wie wir eigentlich vorher zurecht gekommen sind!
Wie könnte eine Qualifizierung älterer Mitarbeiter aussehen?
Für die Mitarbeiter und den Betrieb ist eine langfristige Perspektive wichtig. Man darf nicht warten, bis jemand alt ist und sich dann fragen, was mache ich denn nun mit dem. Ältere Mitarbeiter können zum Beispiel gut in die Arbeitsvorbereitung gehen. Die haben Erfahrung, ihre Kollegen hören auf sie. Das muss man rechtzeitig erkennen und so jemanden nicht erst mit 55 sondern mit 45 zur Fortbildung schicken. Und wenn man viele Leute in einer Altersstufe hat, muss man rechtzeitig von unten her aufbauen. Ich sage ja auch nicht, wir haben jetzt gerade genug Arbeit, da mache ich keine Angebote mehr!
Wie motivieren Sie Ihre Leute?
Die Chemie muss stimmen und das Arbeitsumfeld muss in Ordnung sein. Meine Leute sehen mich jeden Tag im Betrieb. Ich lasse Persönlichkeiten ihre Freiheiten. Manchmal knirscht es, das ist normal. Doch Gespräch und Wertschätzung sind immer besser, als Lösungen vorzuschreiben.
Stehen Sie in 20 Jahren in der Werkstatt, weil Leute fehlen?
Wenn ich schneller einen Schrank bauen würde als meine Leute, würde etwas nicht stimmen. Wir werden in Zukunft mit wenigen Spezialisten hochwertige Arbeit machen. Es gibt hochqualifizierte Leute in der Arbeitsvorbereitung und an den Maschinen. Und es wird geringer qualifizierte Leute geben, die zuarbeiten. Ein Team aus Spezialisten und Helfern.
Diese Helfer müssen nicht zwingend Tischler sein?
Nein. Sie können für spezielle Aufgaben angelernt werden.
Würden Sie jemanden gezielt bei einem Kollegen abwerben?
So etwas macht man nicht, da habe ich ein anderes Berufsethos. Ich greife auf eigenes Nachwuchspotenzial zurück. Alle Mitarbeiter unserer Firma haben auch bei uns gelernt. Wenn sich jemand beim Wettbewerber vorstellt, würde ich den Kollegen ansprechen.
Aktuelles Heft
Titelbild dds - das magazin für möbel und ausbau 4
Aktuelle Ausgabe
04/2024
EINZELHEFT
ABO
dds-Zulieferforum
Tischlerhandwerk in Zahlen

Zahl der Betriebe im Tischlerhandwerk

dds auf Facebook


dds auf YouTube

Im dds-Channel auf YouTube finden Sie:
– Videos zu Beiträgen aus dds
– Kollegen stellen sich vor
– Praxistipps-Videos
– Maschinen & Werkzeuge

Abonnieren Sie dds auf YouTube »