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Als David unter Goliaths

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Als David unter Goliaths

Seit vielen Jahren spielt die Tischlerei Sommer im Konzert der Großen auf der Kölner Möbelmesse. Ein Gespräch darüber, ob und wie das gelingt.

Das Gespräch mit Barbara Sommer führte dds-Autor Jonathan Radetz

Frau Sommer, als Betrieb mit nur neun Mitarbeitern beeindrucken Sie Jahr für Jahr mit Ihrem Auftritt auf der IMM. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, nach Köln zu gehen?
Vor der IMM haben wir auf kleineren Messen wie der »Tendence« oder auf Gemeinschaftsständen geübt. Die Kölner Messe bearbeitet das Thema Möbel, andere Messen tun das weniger konsequent. Möbel – das ist unser Thema! Und so sind wir seit 1998 dabei.
Können Sie sich noch an Ihren ersten Messestand erinnern?
Ja, sehr gut (lacht). Man könnte davon einiges wieder ausstellen. Aufwendiger ist die Standgestaltung geworden, alleine vom Volumen her. Die anfänglichen 25 qm haben sich mehr als verdreifacht.
Wie gelingt es, sich dauerhaft so überzeugend zu etablieren?
Zuallererst muss man von einer Vision beseelt sein. Es gilt zu wissen, was man auf einer Messe wirklich erreichen will. Unsere Vision war und ist Massivholz, Massivholz pur! Stammware, selbst getrocknet und perfekt verarbeitet. Und dies in einer eigenen Formensprache, abgegrenzt zu den aus dem Ökobereich bekannten abgerundeten Formen.
Massivholz zeigen mittlerweile viele Aussteller. Ist es lukrativ, diesen Trend zu bedienen?
Wenn etwas zu einem Trend wird, reduziert sich das zu oft aufs Geldverdienen. Trendmöbel werden kreiert, die in kurzer Zeit schnell Gewinne liefern müssen. Unser Ding ist das nicht. Wir versuchen, Möbel und Einrichtungen zu schaffen, die Trends überleben.
Können Sie Handwerksbetrieben empfehlen, in Köln auszustellen?
Wenn ich ehrlich bin, ist es selbst für uns nach vielen Jahren ein Kraftakt. Das sind sehr hohe Kosten und Investitionen. Wenn Sie nur den Atem haben, das zwei- bis dreimal zu testen, dann ist viel Geld verloren. Sie brauchen den Schneid, sich der starken Konkurrenz zu stellen, mit neuen Ideen, die auf dem Markt noch nicht da waren.
Wie gelingt es, sich als Tischlerei neben den Großen zu positionieren?
Handwerker wie uns gibt es nicht viele. Wir haben Betriebe kommen und gehen sehen. Wenn man wie wir hochwertiges Interieur aus Massivholz anbietet, bedarf es bundesweiter, ja europaweiter Ausrichtung – es gilt, vor Ort zu sein und fähig zu sein, komplexe Aufträge reibungsfrei abzuwickeln.
Wird man von den industriellen Wettbewerbern ernst genommen?
Seit vier Jahren haben wir Girsberger als Standnachbarn, davor Firmen wie Vitra, große Markenanbieter, die uns Respekt zollen. Die sehen unseren Messeauftritt als Manufaktur – keiner glaubt dabei, dass wir so klein sind.
Wer sich öffentlich präsentiert, wird schnell kopiert. Auch Sie?
Im Detail natürlich. Wir haben Anerkennungen, Staats- und Designpreise gewonnen und eigentlich ist das eine Hilfe, um Produkte zu schützen. Zugleich melden wir Geschmacksmuster an. Dennoch: Erzeugen Ideen Interesse, versuchen Abkupferer zu plagiieren.
Für Aussteller gilt die IMM als Jahresbeginn. Wie ist das bei Ihnen?
Bereits ab Weihnachten ist für uns IMM. Anfang Dezember rollt das richtig an mit Vorfertigung und fast drei Wochen Aufbauzeit. Es folgt eine Woche Standpräsenz, dann der Abbau. Hinterher Kontakte abarbeiten, recherchieren, Presse bedienen und Kundentermine festlegen. Der Aufwand gelingt uns, weil wir ein Familienbetrieb sind.
Wie bedienen Sie Ihre Alt- und Stammkunden in dieser Zeit?
Mindestens zwei Mitarbeiter bleiben an laufenden Aufträgen dran. Die Messestandbetreuung gelingt mit Familienmitgliedern und Externen, die fachlich geeignet sind. Viele unserer Ehemaligen freuen sich darauf, mit uns die Messe durchzuführen.
Wer legt fest, was der Besucher bei Sommer zu sehen bekommt?
In erster Linie sind es mein Mann und ich, dann unsere Söhne. Wenn es um die Umsetzung geht, sind auch die Mitarbeiter integriert. Es kann aber auch sein, wie bei dem aktuellen Kochtisch, dass mein Mann noch einmal selbst Hand anlegt und in die Fertigung geht. So entsteht oft aus einem Puzzlespiel ein komplettes Ganzes.
»Gestaltung ist Haltung«, das Zitat von Helmut Schmid steht auf Ihrer Webseite. Was bedeutet das für Sie?
Wir versuchen, jeglichen Trend zu vermeiden. Wobei sich das Gehirn nicht ganz abgrenzen lässt, Trends prägen. Wir sind der Meinung, dass es zu viel um Trends geht, gerade in der Möbelindustrie. Egal welche Namen, vergleichen Sie Produkte namhafter Hersteller. Alles wird ähnlicher. Man erkennt nicht mehr das Profil der Firmen, wenn sich alle zu stark am Markt orientieren. Deshalb gilt: »Gestaltung ist Haltung«.
Gibt es ein Standardrezept, um auf Messen erfolgreich zu sein?
Nein, auf keinen Fall. Zuerst muss ich mir klar werden, warum ich auf eine Messe will. Wie grenze ich mich von anderen ab, damit ich wahrgenommen werde? Habe ich auch die Power, lange genug durchzuhalten, weil nicht unbedingt jeder von Anhieb von meinem Produkt überzeugt sein wird?
Sehen wir Sie 2015 wieder in Köln?
Ja! Wir freuen uns jetzt schon darauf.
»Ein Messekonzept lässt sich nicht kopieren – nur mit einem eigenen Profil kann man sich vom Rest abheben. Und wenn Messe – dann mit Herzblut!« Barbara Sommer

Steckbrief

Barbara und Gregor Sommer stellen seit 17 Jahren auf der IMM in Köln aus. Mit neun Mitarbeitern fertigen die Sommers ausschließlich hochwertige Möbel und Ausbauten in Massivholz.
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