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Eine (un)endliche Geschichte

Technik
Eine (un)endliche Geschichte

Holger Antoni, Inhaber einer Schreinerei in Alzenau (Unterfranken), bewies Mut und kaufte eine alte Kantenanleimmaschine, um sie selbst instand zu setzen und zu optimieren. Hat sich der Aufwand gelohnt?

Alles begann 1998 mit einer Zeitungsanzeige, in der eine Schreinerei eine alten Kantenanleimmaschine vom Typ Brandt KS 25 anbot. Ihre »Fähigkeiten«: Anleimen bis 20 mm Massivkanten (von der Rolle bis 3 mm), Kappen, Vorfräsen, Nachfräsen, Ziehklinge und Bandschleifen. Das interessierte mich. Also besichtigte ich die Maschine und testete sie mit verschiedenen Kantenmaterialien und Plattendicken. Die Ergebnisse waren o.k., und bereits vier Tage später stand die KS 25 in meiner Werkstatt. Vor dem endgültigen »Stellen« wollte ich sie noch reinigen und einige kleinere Reparaturen durchführen. Es wurde der Auftakt zu umfangreichen Instandsetzungsarbeiten: In vier Jahren habe ich rund 200 Stunden dafür aufgewendet. Los ging es mit der verschmutzten Leimangabe: Maschine an das Stromnetz anschließen, auf ca. 65 °C aufheizen und möglichst rasch und viel zerlegen (Vorsicht: Heizpatronen nicht im ausgebauten Zustand aufheizen, da sie sonst platzen können). Den Rest entfernte ich mit dem Heißluftföhn bzw. mit Verdünnung (Vorsicht: Entzündungsgefahr!). Die Leimwalze wurde zerlegt, geprüft und anschließend mit neuem Silikonfett montiert. Einige Anbauteile des Leimbeckens ließ ich mit Teflon beschichten. Da der Teflon-Beschichter einen Mindestbestellwert nannte, orderte ich kurzerhand auch noch eine Handleimwalze der Firma Hapfo zum Beschichten, eine gute Sache! Danach begann der Zusammenbau des Leimbeckens mit den gereinigten bzw. beschichteten Teilen und einem neuen Förderklotz.

Dem Magazin und der Andruckzone spendierte ich neue Kugellager. Der Druckbalken und die Andruckzone wurden zur schnelleren Verstellung mit Seiko-Zählwerken ausgestattet. Die Transportkette reinigte ich mit Diesel in einer großen Blechwanne, fettete sie anschließend mit Ketten-Spray und montierte sie mit neuen Kettenklötzen. (Diese müssen vor dem Aufstecken im Ofen oder in der Presse erwärmt werden!) Die Kettenbahnführung ließ sich mit einer Maschinenwasserwaage und einem eingefahrenen Werkstück genau vermessen. Zum Ausgleich verwendete ich 1/10- bis 1/30-mm-Einstellbleche. Zuvor hatte ich das Maschinengestell exakt ausgerichtet. Das Einlauflineal wurde mit Druck- bzw. Zugstreben ausgesteift, und die Transportkettenverkleidung bekam eine Revisionsklappe, die das Abschmieren der Antriebskette und das Reinigen der Leimwalze von durchgedrücktem Silikonfett erheblich erleichtert. Ein ausgedienter Schaltschrank wurde mit einem Lochblech versehen und so zum Fangkasten für die langen Spänefäden umfunktioniert.
Hilfe von Spezialisten
Eine Blechbearbeitungsfirma fertigte ein Edelstahlmagazin und eine Edelstahlverkleidungen für die Andruckrollen; von diesen Verkleidungen lassen sich Leimablagerungen viel leichter entfernen als von lackierten bzw. brünierten Stahlteilen. Als Schutz gegen Verschmutzung wurden die Steuerungstaster entlang der Transportkette teilweise mit Alufolie eingepackt, wodurch sich der Reinigungsaufwand für die Schalter ganz erheblich verringert. Die ausziehbare Werkstückauflage überarbeitete der örtliche Metallbaubetrieb nach meinen Angaben. Für die Rollenbahn fertigte ich in der Höhe einstellbare Auflageblöcke an, die ein Absacken der Rollenbahn verhindern. Zu guter Letzt bekamen viele Blechteile eine neue Lackierung bzw. Pulverbeschichtung. Mit Hilfe der geduldigen Serviceabteilung von Brandt war schließlich auch das Einfahren der Maschine gelungen, und die Maschine konnte tun, wofür sie gebaut wurde, nämlich Kanten anleimen.
Hat sich der ganze Aufwand gelohnt? Für den Erwerb der Maschine habe ich vor acht Jahren 13 500 DM bezahlt. Hinzu kamen Ersatzteile und Handwerkerkosten für etwa 2600 Euro. Ohne vernünftige Metaller und Elektriker hätte so eine Aktion für eine Standardmaschine in einer kleinen Schreinerei sicherlich keinen Sinn gemacht. Immerhin lernt man auf diesem Wege »seine« Maschine besonders genau kennen. Holger Antoni
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