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Trennen und verbinden - dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau

Meisterstücke
Trennen und verbinden

Zwei Gestaltungsansätze, die dem gleichen Ziel dienen, sind im Meisterstück von Sebastian Faas ablesbar: Durch die betonte Trennung der Bauteile sowie die Auflösung der orthogonalen Strenge im Gestell wird eine attraktive Leichtigkeit hervorgerufen.

Im ersten Ansatz zerlegt Sebastian Faas seinen Schreibtisch in vier Elemente, um sie darauf additiv wieder zu einem Ganzen zusammenzusetzen. Als das kräftigste Element tritt die Arbeitsfläche hervor, die als 120 mm hoher Schubkastenkorpus ausgebildet ist, hervorgehoben durch beidseitige Beschichtung mit anthrazitfarbenem Linoleum und nur unterbrochen durch eine helle Eschenholzkante. Der Aufsatz mit kleinem Utensilienschubkasten und Kammstruktur für die Aufbewahrung von Briefen bildet das zweite Element: Es berührt die Fläche nur punktuell und greift mit Abstand über die Kante der Arbeitsfläche. Das dritte Element legt sich als mit Filz bespannte Pinnwand wie eine schützende Hand über Eck um den Schreibtisch und scheint vom Möbel losgelöst.

Ein zweiter gestalterischer Ansatz zeigt sich im vierten Element, dem Fußgestell: Nach dem Vorbild des Stuhls ohne Hinterbeine von Mart Stam versucht Sebastian Faas die orthogonale Strenge des Möbels aufzulockern, indem er die tradierte Anordnung der Füße mit einer umlaufend linearen, stark horizontal geführten Anordnung 40 mm starker Vierkanthölzer umgeht. Damit entfallen hinten die außen liegenden Füße, in einem weiteren Schritt werden die vorderen um 70° abgeknickt. So wird die statische Normalität aufgehoben und an neuralgischen Punkten durch mit Linoleum beschichteten Scheiben und eine versteckte Metallplatte an der Unterseite des Korpus ersetzt.
Mit diesem vermeintlich interessanten Knick wird der Schreibtisch seinem hohen formalen Anspruch nicht gerecht: Durch die seitlich fehlenden Ecken ragt der Schubkastenkorpus ins Leere, das Möbel verliert an Eleganz, was besonders durch die angeschnittenen dunklen Flächen deutlich wird, die eine räumlich unvollendete Wirkung hervorrufen. Die dem Möbel innewohnende spielerische Anmut gründet sich auf die gekonnt aufeinander abgestimmten Elemente in ihrer perfekten handwerklichen Ausführung und der überzeugenden Materialwahl.

Prof. Peter Litzlbauer, Architekt, Innenarchitekt und Tischlermeister, lehrt Grundlagen des Konstruierens/Raum, Möbel, Material an der Staatl. Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Fachbereich Architektur und Design.
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