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Quader auf Rehbeinen - dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau

Meisterstücke
Quader auf Rehbeinen

Bernd Stelzer ist eine bemerkenswerte Neuinterpretation des klassischen Sekretärs gelungen. Das Meisterstück zeigt durchweg eine sehr anspruchsvolle handwerkliche Qualität, insbesondere auch bei den selbst entwickelten, technisch raffinierten Beschlägen.

Auffallend an diesem symmetrisch aufgebauten Möbel ist der spannungsvolle Kontrast zwischen dem lastenden Quader und den sich allseitig nach unten verjüngenden, schräg gestellten Beinen. Deren sehr gelungene Formgebung legt eine Orientierung an der Gestaltung von Schreibmöbeln des 18. Jahrhunderts nahe. Tierbeine und -füße waren Vorbilder aus der Natur und Sinnbild für Leichtigkeit und Grazilität. Hier sind die jeweils aus drei Teilen in verschiedenen Winkeln auf Gehrung zusammengesetzten Beine aus Eiche paarweise verstrebt und fachgerecht gefügt. Sie haben im oberen Bereich eine leichte Neigung nach innen und sind mit zwei Traversen verbunden, auf denen der Korpus liegt. Dieser sitzt dadurch nicht auf dem äußersten Bereich des grazilen Fußgestells auf, sondern bewusst in einem Abstand, der ihn optisch vom Untergestell löst. Der umlaufend in schlicht und gleichmäßig gemaserter Eiche furnierte Korpus wirkt kastenförmig, geradlinig und flächig. Er lässt sich über eine Griffausfräsung in der Klappe öffnen. Dabei faltet sich gleichzeitig der zweigeteilte Deckel bis zur Hälfte auf, dies ermöglichen ein Gelenkarm und ein Seilzug, der am schön gearbeiteten Klappenhalter befestigt ist. Er ist zwischen Innen- und Außenseite eingebaut und durch eine Bürste abgedeckt. Die Klappe bildet im aufgeschlagenen Zustand eine gut einsehbare ebene Arbeitsfläche. Beim Schließen sind Klappe und Deckel durch eingenutete Filzstreifen auf den Kanten und Innenseiten einzugsgedämpft.

Der klassische Sekretär hat sich aus dem kompakten Schreibschrank entwickelt. Als Vorgänger des Schreibtisches diente er mit seinen Schubladen und verschiedenen Ablageflächen vor allem dazu, Papier und Akten zu ordnen sowie Schreibutensilien und Arbeitsunterlagen zu verstauen. Das flexible digitale Arbeiten und Aufbewahren ersetzt zunehmend die manuelle Schreibarbeit. Bernd Stelzer trägt in seinem Entwurf dieser Entwicklung durch sinnvoll reduzierte Ablage- und Aufbewahrungsfunktionen Rechnung. Die gestalterisch bestehende und gewollte Spannung zwischen Korpus und Gestell ließe sich noch steigern, wenn der Korpus außen richtungslos farbig als Schale um den hölzernen Kern gestaltet würde.

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Eckhard Heyelmann, Garmisch-Partenkirchen, Innenarchitekt und Dipl.-Designer. Von 1990 bis 2001 hat er als Leiter der Schulen für Holz und Gestaltung in Garmisch-Partenkirchen auch die Entwicklung der Meisterstücke betreut.
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