Gesellenstücke der Innung Wesel bekommen bei der Zeichnungsvorlage oft noch einenwichtigen gestalterischen Impuls: Jochem Reichenberg und Peter Lindenbeck engagieren sich aus Leidenschaft für den Nachwuchs im Tischlerhandwerk und die gute Form.
Manchmal braucht eine gute Idee Geburtshelfer. Am Anfang steht zum Beispiel die Vorstellung einer einfachen Stele. Nun kommt vielleicht jemand dazu, der erkennt, was in diesem Entwurf bereits drinsteckt, aber noch befreit werden muss, um sich offenbaren zu können. Um einen solchen Prozess möglich zu machen, ist es in der Innung Wesel üblich geworden, zur Zeichnungsgenehmigung statt ausgearbeiteter technischer Zeichnungen eine Konstruktionsskizze zu verlangen, über die bei Bedarf noch gesprochen werden kann. Und Bedarf ist in der Regel vorhanden, das lehrt die Erfahrung. Wenn Jochem Reichenberg als Vorsitzender des Prüfungsausschusses und Peter Lindenbeck als überbetrieblicher Ausbilder einen Entwurf begutachten, sehen sie neben dem Potenzial einer Idee auch die Möglichkeiten und Grenzen des jeweiligen Auszubildenden. Es geht also nicht darum, zu einem spektakulären Entwurf zu drängen, sondern oft mit einfachen Mitteln einer Idee zum Ausdruck zu verhelfen: Hier sind es schlankere Proportionen, dort weniger Materialwechsel, an anderer Stelle der Mut zu einer lauten Oberfläche, die dann in Kombination mit einer einfachen Grundform für einen gelungenen Auftritt sorgt. Wer die Gesellenstücke aus der Innung Wesel betrachtet, kann dieses Bemühen um die gute Form ablesen. Es sind oft kleine Ursachen, die große Wirkung erzielen. Die Anregungen sind freibleibend, nicht immer fallen sie auf fruchtbaren Boden. Wer im Gestaltungsprozess am Anfang seiner Laufbahn aber wenigstens einmal kompetent begleitet wird, hat für weitere Entwürfe bereits ein anderes Fundament.
dds-Redakteur Johannes Niestrath ist von dem unkonventionellen Entwurfscoaching durch Jochem Reichenberg und Peter Lindenbeck überzeugt, denn die beiden haben schon vielen Azubis gestalterisch auf die Sprünge geholfen.
Steckbrief
Die Gute Form auf Innungsebene wurde im Juli 2016 entschieden: Mit dem ersten Preis zeichnete die Jury eine Gruppenarbeit von drei Auszubildenden aus, die wir in der Dezemberausgabe vorstellen.